#angeBAKSt

Afghanistan und der Vernetzte Ansatz

Aus der Analyse des Scheiterns in Afghanistan müssen wir schon bald überzeugende Schlüsse ziehen, so BAKS-Präsident Brose im aktuellen #angeBAKSt. Foto: Bundeswehr/Oliver Pieper
Autor: 
Brose, Ekkehard

Der Westen hat seine Flaggen in Afghanistan eingeholt. Im Strudel eines Rückzugs voller Hektik und Bitterkeit gab es viele Opfer. Menschen, Hoffnungen, Konzepte mussten begraben werden.

Krachend gescheitert ist am Hindukusch die Ertüchtigung. Das Konzept wurde von Bundeskanzlerin Merkel mit ersonnen, um den innenpolitisch unpopulären Einsatz deutscher Soldaten im Ausland zu begrenzen. An ihrer Stelle sollten von uns geschulte und ausgerüstete Sicherheitskräfte der Krisenländer selbst den riskanten Job vor Ort erledigen. Die Idee findet auch andernorts Anwendung, etwa in Mali und im Irak. Und auch dort zeigen sich Schwachpunkte. Aus der Analyse bisheriger Erfahrungen und der genauen Umstände des Scheiterns der afghanischen Sicherheitskräfte müssen wir schon bald überzeugende Schlüsse ziehen.

In Mitleidenschaft gezogen ist auch der Vernetzte Ansatz, die Überzeugung, dass Krisensituationen in fragilen Staaten oder Regionen nur mit einer Kombination aus diplomatischen, wirtschaftlichen, polizeilichen und militärischen Mitteln erfolgreich angegangen werden können. Sie hat in den internationalen Einsätzen in Afghanistan über zwei Jahrzehnte Gestalt gewonnen und prägt unser Vorgehen auch in anderen Krisen. Dieser Ansatz bleibt insofern richtig, als seine Vieldimensionalität die typischerweise vielschichtigen Probleme dieser Länder aufnimmt und spiegelt. So richtig wie der Satz „Es gibt keine (ausschließlich) militärische Lösung“.

Der Vernetzte Ansatz erfordert in der Praxis die enge nationale und internationale Abstimmung der einzelnen zivilen und sicherheitsrelevanten Akteure in einem politischen Leitkonzept. Obwohl die Mechanismen dafür bis zur Ebene der Staatssekretäre schrittweise geschaffen und manch begrenzte Erfolge vor Ort erzielt wurden, kann doch in Afghanistan von Beginn an nicht von einer gemeinsam verfolgten Politik der Ressorts die Rede sein. Zu häufig mangelte es an einem von allen Seiten mit getragenen Grundverständnis zu Zielen, Zuständigkeiten und Mitteleinsatz. Eine Stärkung der Koordinierungsinstrumente von Krisendiplomatie ist in Deutschland überfällig. Deren strukturelle Schwäche hat nicht zuletzt der chaotische Schlussakkord in Afghanistan noch einmal in grelles Licht gerückt.

Botschafter Ekkehard Brose ist Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Zuvor war er Beauftragter für Zivile Krisenprävention und Stabilisierung im Auswärtigen Amt und von 2014 bis 2016 Deutscher Botschafter im Irak. Der Autor gibt seine persönliche Meinung wieder.

 

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