30 Jahre BAKS - Für Sicherheit und Frieden
Es gibt wohl kaum jemanden, der über eine so lange Zeit so viele Berührungspunkte mit der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) hatte und immer noch hat: Armin Staigis war schon in den achtziger Jahren mit den Vorläufern zur BAKS vertraut, von 1992 bis 1994 dann als Referent im Bundeskanzleramt mit der neu gegründeten BAKS befasst und etwa 20 Jahre später wurde er zum Vizepräsidenten der Akademie ernannt. Seit 2016 ist der ehemalige Bundeswehrgeneral Vorsitzender des BAKS-Freundeskreises. Im Interview erinnert er sich an die Gründung der BAKS, berichtet über die Bedeutung der Institution für das sicherheitspolitische Verständnis in Deutschland und gibt einen Ausblick in die Entwicklung der BAKS in den kommenden Jahren.
Frage: Herr Staigis, wann haben Sie zum ersten Mal von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) gehört und was haben Sie damals darüber gedacht?
Armin Staigis: Das war 1987, ich war stellvertretender Militärattaché in London. Damals kam das Seminar für Sicherheitspolitik, der Vorläufer zur BAKS, nach London, um sich am altehrwürdigen Royal College of Defence Studies umzusehen. Ich durfte das Seminar zwei Tage lang begleiten. Viele der Teilnehmenden habe ich später wiedergetroffen, sie waren inzwischen in hohe und höchste Verwendungen aufgestiegen. Aber schon vor diesen Londoner Tagen war ich mit der Grundidee einer zukünftigen BAKS vertraut gemacht worden. Während meiner Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg diskutierte der Kommandeur, der damalige Konteradmiral Dieter Wellershoff, weit vorausschauend mit uns Ideen für eine ressortübergreifende Fortbildung von Führungskräften in der Sicherheitspolitik. Wellershoff wurde 1992 nach seiner Zeit als Generalinspekteur der erste Präsident der BAKS.
Was sind die größten Unterschiede zwischen der BAKS vor 30 Jahren und der BAKS heute? Und was ist die wichtigste Konstante über diese Zeitspanne?
Zunächst zur Konstante: Die Akademie ist der Ort des strategischen Denkens und des sicherheitspolitischen Lernens, immer vor dem Hintergrund, Frieden und Sicherheit für unser Land zu bewahren. Wie bedeutsam dies ist, zeigt sich gerade in diesen Tagen, in denen wir eine sicherheitspolitische Zeitenwende erleben müssen. Die sicherheitspolitischen Fragestellungen haben sich in der Vergangenheit oftmals verändert und werden das auch zukünftig weiterhin tun. Leider ist das „Ende der Geschichte“ nicht eingetreten, von dem die Menschheit träumte, gerade als die BAKS geschaffen wurde. Stattdessen: Jugoslawien-Kriege mitten in Europa, globaler Terrorismus mit und nach „9/11“, neue globale Mächte wie China und bald auch Indien, die ihren Platz in der Weltordnung einfordern, und jetzt der russische Angriff auf die Ukraine, der die mühsam geschaffene europäische Friedens- und Sicherheitsordnung zunächst an ihr vorläufiges Ende führt. Das strategische Denken vorausschauend in „langen Linien“ zu praktizieren, vor dem Hintergrund der Entwicklungen zu analysieren, zu diskutieren und zu lehren, ist und bleibt die Aufgabe der BAKS.
Welche Bedeutung hat die BAKS in der aktuellen politischen Situation? Für wen ist die BAKS derzeit besonders wichtig?
Die Wichtigkeit der BAKS kann in dieser Zeitenwende deutscher Sicherheitspolitik nicht hoch genug eingeschätzt werden. „Vernetzt denken und gemeinsam handeln“, wie der Claim das Jubiläumsjahr überschreibt, zielt auf die auch zukünftig wohl wichtigste Aufgabe der Akademie. „Sicherheit im 21. Jahrhundert kann nur im Verbund aller sicherheitspolitischen Akteure und Instrumente gewährleistet werden.“ So steht es im Weißbuch 2016. Das bleibt auch in dieser nun für unser Land fundamental veränderten Lage unverändert gültig. Dazu bedarf es Strategien, Konzepte und Strukturen, aber in erster Linie der Menschen in Führungsverantwortung aus Politik, Ressorts, Wirtschaft, Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die es verstehen und umsetzen wollen. Sie gilt es an der BAKS zusammen zu bringen, mit ihnen Netzwerke zu bilden und Empathie und Vertrauen untereinander zu schaffen.
Sie sind ja aktuell der Vorsitzende des Freundeskreises der BAKS. Welche Rolle spielt dieser Freundeskreis und wo unterstützt er?
Es war klug, und es war wiederum Admiral Wellershoff, der schon 1992 die Idee zur Bildung eines Freundeskreises der BAKS hatte, um die Alumni an die Akademie zu binden. Zwei Drittel der Mitglieder des Freundeskreises sind Absolventen der BAKS. Über die Jahre haben wir uns auch gegenüber jungen sicherheitspolitisch Interessierten geöffnet, um sie frühzeitig an die Akademie heranzuführen. Dies ist mit dem Arbeitskreis Junge Sicherheitspolitiker (AKJS) und dem BAKS-Netz sehr gut gelungen. Zukünftig wird ein Stipendiaten-Programm hinzukommen. Im Kern geht es dem Freundeskreis darum, unsere Akademie bei der Netzwerkbildung über Generationen hinweg zu unterstützen und auch materielle Hilfe zu leisten. Mehr symbolisch steht dafür der durch den Freundeskreis gestiftete BAKS-Bär, der vor der Akademie wacht und die Verbindung zur Stadt Berlin zum Ausdruck bringt.
Zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie die Entwicklung und Bedeutung der BAKS in den kommenden Jahrzehnten?
Wenn es die BAKS nicht gäbe, dann müsste man sie gerade mit Blick auf diese Zeitenwende jetzt erfinden. Also, es ist gut, dass es sie schon 30 Jahre gibt und zukünftig geben wird. Wenn ich mich recht erinnere, hatten die Gründungsväter noch mehr im Sinn als das, was durch das große Engagement und den Ideenreichtum der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Jahre entstanden ist. Eine nationale Sicherheitsakademie, nach angelsächsischem Vorbild, größer, umfänglicher unterstützt, die dem immer wieder postulierten Anspruch vom „Lebenslangen Lernen“, auch bei Führungskräften in der Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert, also in Zeiten der Digitalisierung, gerecht werden kann. Und dann eine Akademie, die genügend Kraft und Zeit hat, sich den nachkommenden jüngeren Generationen und der Öffentlichkeit widmen zu können. Gerade unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern muss jetzt verständlich vermittelt werden, warum wir eine „neue“ Sicherheitspolitik brauchen und dass damit Lasten verbunden sind, um Frieden und Freiheit für uns und unsere Verbündeten zukünftig sichern zu können.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Staigis.
Das Interview führte Marie Fischer