Eine immer beliebter werdende Methode der Strategischen Vorausschau sind Citizen Panels, frei übersetzt also Bürgergremien. Die Methode zielt darauf ab, Meinungen und Ideen der Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Einbindung der Bevölkerung in die Planung und Umsetzung von Strategien können Regierungen und Organisationen ihr Spektrum an Perspektiven und Expertise erweitern und in Entscheidungsprozesse einbeziehen.
Ein Citizen Panel besteht aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern mit unterschiedlichen sozialen, demografischen und beruflichen Hintergründen. Die Gruppe sollte eine möglichst repräsentative Öffentlichkeit abbilden und wird auch als Miniaturgesellschaft angesehen. Das Ziel des Panels besteht darin, die Meinungen und Perspektiven der Bevölkerung zu aktuellen und zukünftigen Themen zu sammeln, zu analysieren und Empfehlungen auszusprechen.
Im Gegensatz zu Fachleuten, die möglicherweise von bestimmten Interessen geleitet und von ihrer fachlichen Sichtweise eingeengt werden, liefern Bürgergremien eine unvoreingenommene und heterogene Sichtweise auf kritische Fragen. Sie ermöglichen es, die Anliegen und Erwartungen der Menschen vor Ort besser zu verstehen und sind damit ein wichtiges Werkzeug in der Strategischen Vorausschau.
Die wichtigsten Vor- und Nachteile eines Citizen Panels
1. Ein Vorteil ist die breite Diversität der Meinungen: Die Vielfalt der vertretenen Meinungen tragen dazu bei, blinde Flecken in der Planung zu vermeiden und sicherzustellen, dass vielfältige Stimmen wahrgenommen werden.
2. Weitere Vorteile sind Vertrauenswürdigkeit und Legitimität: Bürgergremien sind in der Regel gut angesehen und werden als demokratisch legitimiert wahrgenommen. Ihre Empfehlungen haben oft eine hohe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der Gesellschaft.
3. Ebenso ist die Zukunftsorientierung ein großer Vorteil: Citizen Panels können auch helfen, langfristige Ziele zu definieren und sicherstellen, dass politische Entscheidungen die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung einbeziehen.
Zu den Nachteilen der Methode Citizen Panels zählen die umfangreiche Organisation, Konzeption und Durchführung solcher Panels. Die zunehmende Einbindung in den politischen Prozess, insbesondere im Bereich der Vorausschau lässt aber annehmen, dass der Nutzen deutlich überwiegt.
Beispiele aus der Praxis
Ein illustratives Beispiel für die Verwendung von Citizen Panels in der Strategischen Vorausschau ist die britische Bürgerversammlung zum Klimawandel. Im Jahr 2020 kamen 108 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zusammen, um Empfehlungen zur Bekämpfung des Klimawandels zu erarbeiten. Diese Empfehlungen wurden in die politische Debatte einbezogen und trugen dazu bei, eine umfassendere und demokratischere Diskussion über dieses drängende Thema zu ermöglichen.
Ein weiteres Beispiel ist die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürger in den Government Report on the Future der finnischen Regierung. Hierbei wurden zum Beispiel während der Corona-Pandemie im Jahr 2021 etwa 50 Gespräche mit Gruppen von je 10 Menschen geführt, die zur Formulierung anstehender Herausforderung und zur Lösung solcher beitragen konnten.
Auch der von Spanien angestoßene Foresight-Prozess zur Formulierung einer Vision Spain – 2050 zeigt die Anwendung von Citizen Panels in der Praxis. Hier wurden Vorschläge zu Verbesserungen in vielen Bereichen formuliert, welche nun öffentlich diskutiert werden sollen. Dazu werden autonome Regierungen, Stadträte, Unternehmen, Gewerkschaften, Universitäten, Denkfabriken, Stiftungen, NGOs, Vereine und andere zivilgesellschaftliche Institutionen des Landes befragt. Die Nutzung von Citizen Panels könnte nun auch während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft mehr Anwendung finden.
Insgesamt sind Citizen Panels eine wertvolle Ergänzung der Strategischen Vorausschau. Sie fördern die Demokratie, tragen zu besseren Entscheidungen bei und helfen, die zukünftigen Bedürfnisse der Gesellschaft zu verstehen. In einer Zeit, in der die Komplexität der Welt ständig zunimmt, bieten sie eine Möglichkeit, die Weisheit einer vielfältigen Bevölkerung in die Planung und Gestaltung der Zukunft einzubeziehen.
Mehr Informationen zur Strategischen Vorausschau an der BAKS finden Sie hier.
Weitere Methoden der Strategischen Vorausschau finden Sie hier.
Autor: Tim Schafranek