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Kernseminar: Prof. Münkler wirbt für "kluge Kommunikation"

Thursday, 28. April 2016

Mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kernseminars 2016 diskutierte der Politikwissenschaftler Professor Dr. Herfried Münkler, wie Deutschland seine außen- und sicherheitspolitischen Interessen stärker zur Geltung bringen kann.

Professor Herfried Münkler bei seinem Vortrag an der Bundesakademie
Professor Herfried Münkler bei seinem Vortrag an der Bundesakademie
Foto: BAKS

"Klug in die Öffentlichkeit gehen!" - Prof. Dr. Herfried Münkler warb in seiner Diskussion mit dem Kernseminar für eine konsequentere Kommunikation deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Foto: BAKS/Mochow

In der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik bestehe laut Münkler ein erkennbarer Konflikt zwischen anspruchsvollen Zielen und Beschränkungen, die deren Erreichbarkeit verminderten. Dabei ergäben sich die Beschränkungen nach seiner Analyse vor allem aus drei für Deutschland spezifische Verwundbarkeiten, die teils selbst verursacht und teils zwangsläufig seien. Gerade in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik herrsche eine besonders augenfällige Kluft zwischen dem, was man eigentlich erreichen wolle, und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit. Offiziell werde nahezu ausschließlich das Bild einer wertegeleiteten und an der Freundschaft mit den westlichen Partnernationen orientierten Politik vermittelt. Tatsächlich, so Münkler, sei die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik aber sehr viel stärker an den besonderen Interessen der Bundesrepublik orientiert, als dies öffentlich kommuniziert und eingeräumt werde.

Diese Unaufrichtigkeit mache die Politik erstens demokratisch verwundbar; sie gefährde auf Dauer nicht nur die öffentliche Unterstützung, sie sei vor allem auch beliebig „skandalisierbar“. Politik könne diese selbstgemachte Verwundbarkeit nur verhindern, wenn sie sich wieder „ehrlich mache“ und durch eine transparente Kommunikation der Ziele glaubwürdig auftrete. Die Politik müsse „klug in die Öffentlichkeit gehen“ und den Menschen außen- und sicherheitspolitische Ziele offen darlegen. Außen- und Sicherheitspolitik, so Münkler, dürften nicht mehr nur als Spielwiese einer kleinen interessierten Elite wahrgenommen werden.

Ansonsten laufe die Politik zweitens Gefahr, dass sich die demokratische zu einer strategischen Verwundbarkeit auswachse. In diesem Falle verhindere die Diskrepanz zwischen öffentlicher Darstellung und tatsächlicher Ausrichtung nicht nur eine nachhaltige Unterstützung der Verfolgung deutscher Interessen durch die eigene Bevölkerung, sondern eröffne externen Akteuren die Möglichkeit, diese Diskrepanz zur Durchsetzung eigener Interessen zu nutzen – Interessen, die nicht notwendigerweise im Sinne Deutschlands seien.

Die dritte Verwundbarkeit von Politik, die Münkler als „historische“ bezeichnet, entstehe aus der jeweiligen außen- und sicherheitspolitischen Geschichte eines Staates. Auch hier zeige sich ein spezifisch deutscher Wesenszug, da die Politik der Bundesrepublik immer auch vor dem Hintergrund der Verursachung und der menschlichen Katastrophe zweier Weltkriege betrachtet werden könne. Nach Münklers Einschätzung sei diese beispiellose historische Hypothek und Verantwortung Deutschlands im politischen Prozess aber auf verschiedentliche Weise zukunftsorientiert gestaltbar.

Führungsrolle in Europa annehmen

Als weitere Bedingungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik wirkten wiederum drei deutschlandspezifische Herausforderungen: Erstens sei die Bundesrepublik eine Handels- und Exportnation und habe ein vitales Interesse an der Sicherung dieser Position. Dazu sei es jedoch erforderlich, von einer geradezu verschämten zu einer selbstbewussteren Kommunikation der wirtschaftlichen Interessen Deutschlands überzugehen.

Zweitens habe Deutschland in den vergangenen Jahren ein hohes politisches Gewicht erlangt - auch, weil andere Führungsmächte, allen voran Frankreich, an Bedeutung verloren hätten. Die Mittellage und das ökonomische Gewicht Deutschlands stellten gleichwohl eine stabilitäts- und integrationspolitische Herausforderung dar, die es anzunehmen gelte.

Drittens, so Münkler, müsse Deutschland künftig einen stärkeren Fokus auf die Peripherie Europas richten und damit zur Sicherung seiner Interessen vor allem in den Krisenregionen des Balkans und des nahöstlich-nordafrikanischen Raumes beitragen. Dies sei vor allem auch deshalb erforderlich, weil sich die USA aus den europäischen und europanahen Krisenräumen zurückzögen und vermehrt dem pazifischen Raum zuwandten.

Autor: KG