Am 14. September hat das Seminar "Grundlagen und Methoden der strategischen Vorausschau" an der Bundesakademie begonnen. Es soll Grundkenntnisse im Umgang mit Ungewissheit und Komplexität vermitteln.
"Der gekonnte Umgang mit Ungewissheit ist heute wichtiger denn je." So begrüßte Dr. Karlheinz Steinmüller zu Beginn des zweiten Methodenseminars "Strategische Vorausschau" die Führungskräfte der Ressorts und des Kanzleramtes. Er erläuterte ausführlich historische Hintergründe und grundlegende methodische Zusammenhänge der systematischen Zukunftsanalyse. Steinmüller weiß, wovon er redet. Er befasst sich seit Jahrzehnten intensiv mit den methodischen Möglichkeiten, "mögliche Zukünfte" zu antizipieren.
Für Steinmüller geht es nicht darum, die (welche?) Zukunft genau vorherzusagen oder jedem neuen (angeblichen) Trend hinterherzulaufen. Viel wichtiger sei es, sich das Spektrum denkbarer Entwicklungen zunächst zu vergegenwärtigen, bevor man daran gehe, konkrete Maßnahmen zu planen. Die Szenario-Technik sei insoweit ein erprobtes und gediegenes Verfahren. Im Methodenkanon der Foresight-Methoden sei es gewissermaßen das "Arbeitspferd". Jede Szenario-Entwicklung sei auch darauf aus, sogenannte "Wildcards", das heißt überraschende (disruptive) Ereignisse, zu finden. "Wildcards sind das Salz in der Suppe in jedem Szenario-Prozess", meinte Steinmüller. "Sie machen die Suppe nicht nur schmackhaft, sondern auch nahrhaft."
Später stellte sich Professor Eckard Minx den Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen, riesig sind: Mit Blick auf die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz könne man tatsächlich von einem "zweiten Maschinenzeitalter" sprechen, da die Kapazitäten der Maschinen den menschlichen Fähigkeiten immer ähnlicher würden.
"Man wird in Zukunft weniger Menschenkraft brauchen, sondern Intuition, um Probleme lösen zu können", so Minx. Das Problem sei, dass wir keinerlei Erfahrung mit solchen selbstlernenden Systemen hätten.
"Keiner weiß genau, was das Eigenleben von Maschinen bedeutet", erläuterte Minx. Vieles sei ungewiss – und bleibe es wahrscheinlich auch. Von herausragender Wichtigkeit sei daher eine öffentliche Diskussion über die Entwicklung der neuen Technologien und die Neugestaltung wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Strukturen. "Wir werden neue Grenzen zur Digitalisierung ziehen müssen, auch wenn diese Grenzen zunächst nicht eingehalten werden können", schlussfolgerte Minx.
Autoren: Norbert Reez, Julia Fuß