Mali steht seit 2012 im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit – und im Fokus der deutschen Sicherheitspolitik in Afrika. Als Folge der auch durch die Krise in Libyen erstarkten islamistischen Terroristen und nach Autonomie strebenden Tuareg-Rebellen in den nördlichen Landesteilen sowie eines Militärputsches in der Hauptstadt Bamako stürzte das westafrikanische Land innerhalb nur weniger Monate ins Chaos. Als die Gefahr einer Ausdehnung des islamistischen Machtbereiches auf den Süden drohte, griff Frankreich Anfang 2013 militärisch in den Konflikt ein. Mit Unterstützung mehrerer afrikanischer Staaten eroberte es in der Operation „Serval“ innerhalb weniger Wochen die großen Städte des Nordens zurück – ohne jedoch die verschiedenen aufständischen Gruppierungen vollständig besiegen zu können.
Seit 2013 engagiert sich die internationale wie die europäische Gemeinschaft, unter deutscher Beteiligung, bei den Stabilisierungs- und Aufbaubemühungen des Landes – allein mit wechselhaftem Erfolg. Auch wenn die territoriale Integrität des malischen Staatsgebietes in weiten Teilen des Landes wiederhergestellt wurde, bleibt die Sicherheitslage im Norden Malis unverändert fragil. Trotz eines durch Algerien vermittelten Friedensabkommens zwischen der malischen Regierung und Vertretern bewaffneter Gruppierungen im Juni 2015 sowie der Präsenz malischer und internationaler Streitkräfte in der Region kam es im Verlauf der letzten Monate verstärkt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und regierungsnahen Gruppierungen sowie wiederholt zu tödlichen Anschlägen auf malische und VN-Truppen.
Auf Bitten der Niederlande, die bereits seit April 2014 mit Blauhelmsoldaten unter VN-Mandat in der Region um die Stadt Gao aktiv sind, bereitet die Bundesregierung eine deutliche Ausweitung ihres militärischen Engagements im Norden Malis vor. Nach Aussagen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sollen Bundeswehrsoldaten ihre niederländischen Kameraden ab dem Frühjahr 2016 vor allem bei der Aufklärung in der weitläufigen Region entlasten. Es stellen sich hierbei Fragen, wie die Erweiterung des Einsatzes deutscher Soldaten im unruhigen Norden Malis einzuordnen ist, welchem Zweck sie dient und wie sie konkret erfolgen soll. Daraus lassen sich Herausforderungen und Grenzen sowie Folgerungen für den Einsatz und für die deutsche Politik ableiten.
Das internationale sicherheits- und verteidigungspolitische Engagement in Mali
Hierfür muss zunächst beim internationalen sicherheits- und verteidigungspolitischem Engagement in Mali zwischen vier Missionen bzw. Operationen unterschieden werden: der militärischen EU-Mission EUTM Mali, der zivilen EU-Mission EUCAP Sahel Mali, dem MINUSMA-Einsatz der Vereinten Nationen sowie der französischen Operation „Barkhane.“ Mit der „EU Training Mission Mali“ verfolgt die Europäische Union die Ziele, die malischen Streitkräfte bei deren Umbau so zu beraten beziehungsweise diese so auszubilden, dass sie selbst die Sicherheit in Mali gewährleisten und damit zu einer langfristigen Stabilisierung des Landes beitragen können. An der ausschließlich auf den Süden Malis begrenzten Mission, an deren geplantem Ende im Mai 2016 acht malische Gefechtsverbände mit insgesamt circa 5.600 Soldaten ausgebildet sein sollen, beteiligt sich Deutschland, neben 23 anderen europäischen Staaten, seit Beginn des Einsatzes im Februar 2013. Seitdem baute Deutschland kontinuierlich seine Beteiligung von zunächst ungefähr 100 auf gegenwärtig etwa 200 Soldaten aus. Es übernahm im August 2015 sogar die Führung der 590 Mann starken militärischen EU-Mission. Doch gemessen an den enormen Herausforderungen zur Stabilisierung der Sicherheit in Mali und selbst im Vergleich zu den reduzierten Einsatzkontingenten in Afghanistan oder im Kosovo blieb das deutsche militärische Engagement in Mali damit, wie im übrigen Afrika, sehr moderat.
Um auch zur Reform und Stärkung des inneren Sicherheitssektors Malis beizutragen, implementierte die EU im Januar 2015 die zivile GSVP-Mission EUCAP (EU Capacity Building) Sahel Mali. An der auf die Ausbildung und Beratung von Polizei, Nationalgarde und Gendarmerie ausgerichteten zweijährigen Mission beteiligen sich gegenwärtig 13 EU-Mitgliedsstaaten. Deutschland leitet die Mission und stellt bis zu zehn Polizisten und zivilen Experten.
Im Gegensatz zu den EU-Missionen ist die seit Juni 2013 implementierte VN-Mission MINUSMA (Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) auch im unruhigen Norden des Landes aktiv. Sie ist mit einem sogenannten „robusten“ Mandat ausgestattet, welches den Einsatz militärischer Mittel gestattet. Neben der Stabilisierung und des Schutzes wichtiger Bevölkerungszentren sowie der Unterstützung zur Wiederherstellung der territorialen Integrität und staatlichen Autorität Malis, soll MINUSMA vor allem zur Überwachung und Stabilisierung des Friedensvertrages zwischen der malischen Regierung und allen bewaffneten Gruppierungen beitragen. Hierfür sind gegenwärtig circa 9.200 Soldaten und gut 1.000 Polizisten aus 49 Nationen im westafrikanischen Land eingesetzt.
Die Niederlande tragen dabei mit rund 500 Soldaten und Polizisten sowie „Apache“-Kampfhubschraubern und „Chinook“-Transporthelikoptern zu einem wesentlichen Anteil die Aufklärungs- und Unterstützungsleistungen der Mission. Deutschland hingegen, welches noch bis Juni 2014 vor allem Lufttransport-Kapazitäten für die VN-Mission mit etwa 100 Soldaten bereitstellte, beteiligt sich bei einem auf 150 Bundeswehrsoldaten begrenzten Bundestags-Mandat gegenwärtig nur mit zehn Soldaten und acht Polizisten.
Den ausschließlich auf Mali fokussierten Missionen der EU und der VN steht wiederum Frankreichs regional-ausgerichtete Operation „Barkhane“ gegenüber, die im August 2014 aus der Operation „Serval“ hervorging. Vor dem Hintergrund nationaler Interessen in der Sahelregion hat Paris rund 3.000 Kräfte zur Terrorismusbekämpfung in fünf Staaten, den „G5-Sahel“, stationiert: Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger. Ziele der Operation sind es, die Anstrengungen zur Terrorismusbekämpfung zu „regionalisieren“, die G5-Sahel Staaten bei der Bekämpfung von grenzüberschreitenden Terrorismus-Netzwerken zu unterstützen und damit der Bildung von sicheren Rückzugsgebieten für Terroristen entgegenzuwirken.
Das Rational eines stärkeren militärischen Engagements Deutschlands in Nord-Mali
Unter Berücksichtigung des bisherigen deutschen Engagements in Mali lassen sich der Absicht eines Einsatzes von Bundeswehrsoldaten im Norden des Landes unter VN-Mandat mehrere, miteinander verknüpfte Faktoren zu Grunde legen. Zum einen verfolgt die Bundesregierung damit regionale sicherheitspolitische Interessen. Berlin hat in den vergangenen Jahren wiederholt betont, dass Terrorismus, Gewalt, Instabilität, Kriminalität und Verarmung in der Sahel-Region mittelfristig starke Auswirkungen auf Europa haben können. Die Effekte trafen Europa und Deutschland in der aktuellen Flüchtlingskrise jedoch schneller und härter als erwartet.
Aufgrund der anhaltenden Instabilität in den nördlichen Landesteilen sowie schwierigen sozio-ökonomischen Bedingungen im gesamten Land spielt Mali als Konfliktherd sowie als Drehscheibe von Flüchtlingsrouten in Richtung Europa in diesem Kontext eine entscheidende Rolle. Deutschland hat (und muss) daher großes Interesse daran (haben), einem möglichen Zerfall Malis entgegenzuwirken. Insofern soll der neue geplante Einsatz im Rahmen von MINUSMA primär die Stabilisierung Malis, die Umsetzung des Friedensprozesses sowie den Zugang für humanitäre Akteure zusätzlich unterstützen – und damit auch der Bekämpfung einer Ursache von Flüchtlingsströmen dienen.
Es scheinen aber auch strategische Überlegungen zum Tragen zu kommen. Mit einer signifikanten Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr bei MINUSMA würde Deutschland die Anfang 2014 angekündigte Absicht, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen sowie substanziellere und entschiedenere Beiträge zu leisten, klare Taten folgen lassen. Der politische Wille, dabei auch nicht vor den Gefahren im Rahmen der VN-Mission in Mali zurückzuweichen, verstärkt die Bedeutung der aktuellen Initiative. Zusätzlich würde ein solcher Einsatz die von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen vertretene Auffassung, nach Beendigung der ISAF-Mission in Afghanistan, Afrika als den künftigen Schwerpunkt des deutschen militärischen Engagements zu betrachten und hierbei Mali in den Fokus zu rücken, besonders unterstreichen. Zu hinterfragen bleibt, ob die Bundesregierung mit der deutlichen Schwerpunktbildung der Bundeswehr-Einsätze auf dem afrikanischen Kontinent auch das strategische Kalkül verbindet, sich in anderen Krisenregionen ausschließlich politisch beziehungsweise wirtschaftlich und nicht militärisch engagieren zu können – selbst wenn der Einsatz militärischer Mittel zur Disposition stünde.
Gleichzeitig dürfte der geplante Einsatz auch als ein klares Signal Berlins verstanden werden, dass Deutschland seiner Ankündigung, die VN stärker als bisher zu unterstützen und sich im Rahmen der VN stärker zu präsentieren, nachkommen möchte. Mit dem Willen zu einem Engagement in einer als der gefährlichsten betrachteten VN-Mission dürfte Deutschland seinem Anspruch auf Wahrnehmung einer stärkeren Rolle innerhalb der VN deutlich Nachdruck verleihen.
Schließlich spielt das enge bilaterale Verhältnis zwischen Deutschland und den Niederlanden eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich plant die Niederlande gegenwärtig eine Einbindung von Partnern aus dem Kreise der Europäischen Union zur Entlastung ihrer seit April 2014 in Gao eingesetzten Truppen. Aufgrund der engen deutsch-niederländischen Kooperation im Verteidigungsbereich, beispielsweise bei der Ausbildung im Bereich gepanzerter Kräfte, haben die Niederlande jedoch ein besonderes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland signalisiert und daher ganz konkret Deutschland um Unterstützung gebeten. Es liegt daher nahe, dass die Initiative zur Erörterung und Prüfung eines deutschen militärischen Beitrages im Norden Malis wesentlich auf der Bereitschaft zur Verlässlichkeit gegenüber dem engen Partner beruht.
Die mögliche Ausgestaltung des militärischen Engagements Deutschlands in Nord-Mali
Konkrete Entscheidungen über die Ausgestaltung des erweiterten deutschen militärischen Engagements in Nord-Mali sind derzeit noch nicht gefallen. Rahmenbedingungen, Erkenntnisse aus Erkundigungsberichten sowie bisher öffentlich getätigte Aussagen zu Aufgaben und zum Einsatzgebiet des Bundeswehrkontingentes erlauben es jedoch, mögliche personelle und materielle Mittel für den Einsatz zu umreißen sowie Konsequenzen für die Politik zu abzuleiten.
Laut Aussage von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen werden in Nord-Mali dringend Einsatzkräfte benötigt, die in der Lage sind, Informationen zu den Bewegungen und Aktivitäten von Terrorgruppen, Milizen, Kriminellen wie auch der malischen Regierungstruppen und Bevölkerung zu sammeln. Die Bundeswehr verfüge ihrer Ansicht nach über die hierfür benötigen hohen Aufklärungsfähigkeiten zum Ersatz der niederländischen Kräfte. Konkret geht es dabei im Kern um die Aufklärungskräfte des Heeres. Dies betrifft vor allem gepanzerte Spähtrupps, kamerabestückte Drohnen vom Typ „Luna“ zur Luftaufklärung im Nahbereich sowie Spezialkräfte zur verdeckten Aufklärung. Der Einsatz der leistungsstärkeren „Heron-1“-Drohnen wurde einem Zeitungsbericht zur Folge vom Verteidigungsministerium bereits verworfen.1 Dieser könnte jedoch bei Festlegung eines ausgedehnteren Einsatzgebietes erneut zur Debatte stehen.
Doch Aufklärungskräfte allein werden nicht genügen. Der entfernte Einsatzort Gao, die als überwiegend „erheblich oder hoch“ bewertete Bedrohungslage im Norden Malis und militär-taktische Überlegungen erfordern zusätzliche Unterstützungs- und Sicherungskomponenten. Mit der derzeitig favorisierten dezentralen Organisation des Einsatzes aus bei Gao gelegenen „Camp Castor“ müsste ein deutsches Einsatzkontingent notwendiger Weise auch Führungs- und Verbindungselemente, Logistiker, Sanitäter sowie Infanterie zur Eigensicherung umfassen. Als besonders kritisch gilt die deutsche Vorschrift, Verwundete innerhalb einer Stunde in eine geeignete Rettungseinrichtung zu bringen. Aufgrund der Entfernungen in Nord-Mali wäre dies nur mit Hubschraubern zu gewährleisten. Die akute Bedrohung durch den Einsatz versteckter Sprengsätze (IED) durch Islamistische Gruppierungen wie Ansar Dine sowie die wiederholten Übergriffe auf VN-Truppen in der Region um Gao werden ferner die Verfügbarkeit von Counter-IED-Fähigkeiten sowie von beweglichen und schnell verlegbaren robusten Kräften unabdingbar machen.
Sollten alle diese Fähigkeiten benötigt werden, könnte das deutsches Einsatzkontingent in Nord-Mali daher ohne weiteres bis zu 700 Soldaten und mehr umfassen. In dieser Zusammensetzung wäre es auch zu einer weitgehend eigenständigen und robusten Operationsführung – das heißt, zum Kampf – befähigt.
Daraus ergeben sich zwei wichtige Konsequenzen für die deutsche Politik. Erstens, der Einsatz der Bundeswehr in Nord-Mali erfordert zur Auftragserfüllung und zum Schutz der Soldaten ein umfangreiches Fähigkeitsdispositiv sowie ein robustes Mandat. Zweitens, nahezu jegliche sinnvolle Zusammensetzung des Einsatzkontingentes wird die derzeitige Mandatsobergrenze von 150 Soldaten überschreiten. Daher wird für die Mandatserweiterung eine Beteiligung des Parlamentes unabdingbar sein.
Herausforderungen, Beschränkungen und Folgerungen
Unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren Absichten der Bundesregierung, bestehen für die Erweiterung des deutschen militärischen Engagements in Nord-Mali deutliche Herausforderungen und Grenzen – mit Folgerungen für die konkrete Ausgestaltung des Einsatzes sowie für den künftigen sicherheitspolitischen Ansatz Deutschlands in Mali und der Sahel-Region.
Erstens werden die Einsatz- und insbesondere die Aufklärungsmöglichkeiten der Bundeswehr, selbst bei umfangreicher Kräfte- und Mittelbereitstellung, durch die Geographie schlichtweg begrenzt. Zum einen entspricht Nord-Mali einer Fläche etwa in der Größe Deutschlands und zum anderen führen durch das überwiegend wüstenartige Terrain nur wenige befahrbare Straßen. Aus militärisch-taktischen und operativen Gründen sollten daher sowohl Auftrag als auch Einsatzraum für die Bundeswehrsoldaten realistisch begrenzt werden.
Zweitens müssen die laufenden Planungen berücksichtigen, dass die VN-Mission von Teilen der Bevölkerung in Nord-Mali nur eingeschränkt akzeptiert wird. So kam es in der Vergangenheit unter anderem in Gao immer wieder zu Demonstrationen und Ausschreitungen gegen MINUSMA. Das verlangt von Berlin bei der Ausgestaltung des Bundeswehrkontingentes, dem Mandat und den Regeln für den Einsatz möglichst ausgewogen zwischen den Notwendigkeiten des Auftrages, den Erfordernissen des Schutzes der Soldaten sowie den lokalen Rahmenbedingungen auszutarieren.
Drittens sollte eine Verstärkung des militärischen Engagements im Rahmen von MINUSMA nicht mit einer Absenkung der Bemühungen im Rahmen von EUTM-Mali und EUCAP-Sahel Mali einhergehen. Die bis Mai 2016 geplanten acht ausgebildeten Gefechtsverbände werden aufgrund der Rotationsbedarfe der Einheiten und der Größe des Raumes nicht ausreichen, um den Norden Malis eigenständig und dauerhaft zu stabilisieren. Selbst wenn EUTM-Mali gegenwärtig die Grundlagen dafür legt, dass Mali künftig eigenverantwortlich die Ausbildung zum weiteren Aufbau seiner Streitkräfte übernimmt, so erscheint, angesichts der vielfältigen Herausforderungen bei der malischen Armee, ein europäisches und damit deutsches Engagement über Mai 2016 hinaus bereits heute als notwendig. Die Fortführung der Befähigung zur Selbsthilfe stünde zudem im Einklang mit den Traditionslinien deutscher Außen- und Sicherheitspolitik in Afrika. Ein derartiges Engagement kann und muss gegebenenfalls über reine Beratungstätigkeiten hinausgehen und sollte ferner mit einer stärkeren personellen Beteiligung bei EUCAP-Sahel Mali verknüpft sein.
Viertens bleiben militärischen Mitteln in der Umsetzung des Friedensprozesses in Mali Grenzen gesetzt. Das internationale militärische Engagement in dem westafrikanischen Land, inklusive des geplanten erweiterten deutschen Beitrags, kann einen stabilisierenden Rahmen schaffen – jedoch allein die Probleme langfristig nicht lösen. Aufgrund der Komplexität der Konfliktursachen, der Lage zwischen den Verhandlungsparteien und der sozioökonomischen Situation vor allem im Norden Malis bedürfen nachhaltige Lösungsansätze und innerstaatliche Aussöhnung besonders politische, wirtschaftliche und entwicklungspolitische Maßnahmen im Kontext eines komplementären und vernetzten Ansatzes. Der durch Deutschland von Beginn der Krise an in den Fokus gerückte übergeordnete politische Prozess bleibt damit der Schlüssel zur Überwindung von Konflikt, Gewalt, Fragilität und Armut in Mali. In Koordination mit den in Mali aktiven Partnern und Organisationen sollte Deutschland daher sowohl seine bilaterale Zusammenarbeit als auch sein ziviles und polizeiliches Engagement in Mali intensivieren.
Fünftens stehen den mehrheitlich primär auf Mali ausgerichteten Ansätzen Deutschlands, Europas und der VN, eine Vielzahl regional verankerte Probleme gegenüber. So operieren terroristische Gruppierungen und Schlepper-Netzwerke über die fließenden und schwer kontrollierbaren Grenzen in der Sahel-Region hinweg. Somit finden sich Fluchtursachen und Flüchtlingsrouten nicht nur in Mali sondern in nahezu allen Nachbarstaaten. Daher wäre es sinnvoll, wenn Berlin künftig seine außen- und sicherheitspolitischen Bemühungen noch stärker auf regionale Ansätze wie die EU-Strategie für Sicherheit und Entwicklung in der Sahel-Region oder dem G5-Sahel Format ausrichtet und mit geeigneten Maßnahmen unterfüttert.
Fazit
Die Bundeswehr steht vor einer Ausweitung ihres Einsatzes in Mali. In Berlin werden dazu gerade die Weichen gestellt. Im Vergleich zu den bisher eher risikoärmeren Beteiligungen in Ausbildungs- und Beobachtermissionen, bedeutet die geplante Stationierung von Bundeswehrsoldaten im fragilen Norden des Landes unter robustem VN-Mandat eine neue Qualität – wenn nicht einen Wandel des militärischen Engagements Deutschlands in Afrika. Dieser ist vor allem Ausdruck des gestiegenen Verantwortungsbewusstseins in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und deren Schwerpunktbildung auf dem afrikanischen Kontinent.
Oberstleutnant i.G. Michael Hanisch ist Referent an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin. Der Autor gibt seine persönliche Meinung wieder.
1 siehe Marco Seliger, „Deutschlands Freiheit wird bald auch in der Sahara verteidigt“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 2015
Arbeitspapier Sicherheitspolitik, Nr. 8/2015 | Copyright: Bundesakademie für Sicherheitspolitik Seite 1/5