Anfang des Jahres dementierte Beijing Berichte, dass China am Bau einer Militärbasis im Nordosten Afghanistans beteiligt sei. Ob wahr oder nicht, diese Debatte symbolisiert beispielhaft Chinas neue Bedeutung in seiner westlichen Nachbarschaft. Beijing ist besorgt, dass von den Taliban oder der Terrororganisation „Islamischer Staat“ ausgebildete Kämpfer aus der muslimisch-uighurischen Minderheit über die gemeinsame Grenze zurück in die chinesische Unruheprovinz Xinjiang eindringen könnten. Bereits letztes Jahr hatte China gemeinsame Patrouillen mit afghanischen Sicherheitskräften in der betroffenen Provinz Badakschan bestätigt. Der Weg der chinesischen Einheiten führte über Tadschikistan, wo China gleichzeitig Grenzbefestigungen finanziert, um den Unruheherd Afghanistan einzuhegen.
Chinas sicherheitspolitisches Engagement in Zentralasien folgt dem Aufwuchs seiner wirtschaftlichen Vormachtstellung in der Region, die es im vergangenen Jahr weiter ausgebaut hat. Seit Januar 2017 ist Turkmenistan bei seinen lebenswichtigen Gasexporten voll und ganz vom Kunden China abhängig, nachdem Russland und Iran im Gefolge von Vertragsstreitigkeiten ihre Importe eingestellt haben. Mittlerweile hält die Volksrepublik überdies die Mehrheit der tadschikischen und kirgisischen Auslandsschulden. Chinas Aufstieg zum wichtigsten Handelspartner Usbekistans ist zum Teil einer Schwerpunktsetzung im Rahmen der Belt and Road-Initiative zuzuschreiben. Das wachsende Bedürfnis nach dem Schutz chinesischer Investitionen und damit der „Erfolgsgeschichte“ Seidenstraße lässt wiederum chinesische Sicherheitsinteressen in der Region zusätzlich anwachsen.
Aus westlicher Sicht ist China gleichzeitig potenzieller Entwicklungspartner und Konkurrent – ein Land, das Sicherheitsinteressen teilt, aber gleichzeitig Europas Rechtsstaatlichkeitsvorstellungen und Einfluss untergräbt. Schließlich hat der Aufstieg der Volksrepublik in Eurasien bedeutende geopolitische Konsequenzen. In Eurasien liegt der Hauptschauplatz chinesisch-russischer Kooperation, andererseits kann der Westen Chinas wachsenden Einfluss in der Region als Hebel gegen eine weitere Annäherung zwischen Moskau und Beijing nutzen. Eine allzu große Nähe zwischen China und Russland wäre überaus problematisch, denn sie könnte eine wichtige Stütze für eine (noch) offensivere Außenpolitik gegenüber anderen Akteuren bedeuten.
Energiesicherheit und neue Seidenstraße
Chinas neue Machtposition westlich seiner Grenze beruht in erster Linie auf handfesten wirtschaftlichen Interessen. Im Zentrum steht dabei die Sicherung der chinesischen Energieversorgung. Besorgt über amerikanisch kontrollierte Seewege und frustriert über schwierige Verhandlungspartner in Moskau, hat China seit Mitte des letzten Jahrzehnts ein System an Überlandpipelines durch Zentralasien errichtet und dieses 2017 mit einer Gaspipeline durch Kasachstan abermals erweitert. Seit der Ausrufung von Chinas Belt and Road-Initiative bilden der Aufbau von Transportinfrastruktur und die Auslagerung von Schwerindustrie zwei weitere Schwerpunkte chinesischer wirtschaftlicher Präsenz in der Region. Chinesische Finanzen und Technologie erlaubten bereits die Fertigstellung des Kamchiq-Tunnels, der längste der Region, in Vorbereitung der im Januar 2018 abgesegneten Bahnstrecke Usbekistan-Kirgistan-China. In Kirgistan und Tadschikistan sind chinesische Investoren stark in den Ausbau von Straßen- und Elektrizitätsnetzen sowie Kohlekraftwerken involviert. Sie haben die neue Infrastruktur bereits genutzt, um die tadschikische Zementproduktion zu verzehnfachen und errichten gerade die größte Aluminiumhütte des Landes. Beijing bemüht sich überdies um den Anschluss Afghanistans an die chinesisch finanzierte Energie- und Transportinfrastruktur in Zentral- und Südasien. So bot China Afghanistan die Aufnahme in den China-Pakistan-Wirtschaftskorridor im Rahmen der Belt and Road-Initiative an. Unter Afghanistans Handelspartnern belegt China bereits Platz drei hinter Pakistan und dem Iran. Chinas potenzieller Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes soll der Sicherheit Xinjiangs sowie chinesischer Investitionen in der Nachbarschaft dienen – und gleichzeitig politischen Einfluss in Kabul aufbauen helfen.
Mit Hilfe eines neuen Protektionismus im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion versucht Russland seinen wirtschaftlichen Einfluss zu retten. Gemeinsame Zollaußengrenzen sollen die übrigen kleinen Volkswirtschaften für nicht-russische Konkurrenz schwerer zugänglich machen. Eine weitere Ausdehnung des Projekts kommt allerdings nicht vom Fleck. Die EU konnte ihre starke Position in Kasachstan halten, steht in der Region insgesamt aber zunehmend im Schatten Chinas. Chinesische Unternehmen operieren oft mit beinahe unlimitierter Staatsbankenunterstützung, und Beijing macht die Beauftragung dieser Firmen oft zur Bedingung für chinesische Kredite an lokale Regierungen. Anders als etwa die EU es tun würde, knüpft China an solche Geldflüsse keine Reformkonditionalitäten.
Ende der Arbeitsteilung mit Russland
Die russische Regierung hat gegenüber externen Akteuren wie auch im eigenen Land lange betont, dass China zwar wirtschaftlich im alten russischen „Hinterhof“ Zentralasien aufsteige, Russland dort aber der alleinige Sicherheitsgarant und damit stärkster Akteur bleibe. Diese Arbeitsteilung ist mittlerweile Geschichte, denn China wird zum Schutz seiner Interessen zunehmend selbst aktiv, statt sich auf Russland zu verlassen. Beijing entwickelt seit 2016 seine Position in der regionalen Sicherheitsarchitektur erstmals unabhängig von Moskau weiter. Agilere kleinformatige Kooperationen, wie die Antiterror-Koordination mit Tadschikistan, Afghanistan und Pakistan, erlauben es China, eigener institutioneller Träger regionaler Sicherheit zu werden. Gleichzeitig hat Beijing durch die Übernahme der Führungsrolle in der lange inaktiven „Konferenz für Interaktion und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien“ (CICA) und durch die Erweiterung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) um Indien und Pakistan neues Selbstbewusstsein gezeigt. Russlands dominante Position wird schrittweise aufgeweicht.
Im Kampf gegen den Terrorismus bereitet sich China nun auf Auslandseinsätze vor, wobei die westliche Nachbarschaft der wahrscheinlichste Einsatzraum ist. Das 2015 erschienene Weißbuch zur Militärstrategie Chinas erklärt den Schutz von Interessen im Ausland zur strategischen Aufgabe, und das 2016 in Kraft getretene Antiterror-Gesetz erlaubt entsprechende Einsätze der Volksbefreiungsarmee. Mit Tadschikistan vereinbarte China verstärkte Geheimdienstzusammenarbeit und ein gemeinsames Antiterror-Zentrum in Duschanbe. Die Afghanistan-Patrouillen der seit Januar ganz eindeutig dem Militär zuzuordnenden chinesischen „Bewaffneten Volkspolizei“ sind ein qualitativ neuer Schritt.
Die dritte Säule neuer chinesischer Sicherheitspräsenz ist der Export moderner Waffensysteme, der wiederum gemeinsame Übungen und verstärkte Militärdiplomatie nach sich zieht. Turkmenistan und Usbekistan haben moderne Boden-Luft-Raketen von China erworben, Kasachstan bewaffnete Drohnen. Die neuen Marktanteile Chinas gehen dabei zu Lasten russischer Produzenten. Beijing sendet außerdem seit 2016 in beschränktem Rahmen militärische Hilfslieferungen nach Afghanistan, bot an, Ausbilder zu entsenden, und afghanische Militärs behaupteten, China würde eine neue Basis für die Streitkräfte Afghanistans finanzieren.
Von größter Bedeutung für Chinas Rolle als Sicherheitsakteur in Afghanistan ist die aktive Vermittlung im fortdauernden Krieg. Seit Ende 2017 bemüht sich Beijing über trilaterale Außenministertreffen um eine Annäherung zwischen den Regierungen in Kabul und Islamabad. Schon in den beiden Jahren davor hatte China an einschlägigen Vier- und Sechs-Nationen-Gesprächen unter Beteiligung der USA beziehungsweise Russlands teilgenommen. Überdies haben bereits seit 2015 wiederholt Delegationen der afghanischen Regierung und der Taliban Beijing besucht, um eine Konfliktlösung auszuloten.
Plötzlich hört man nun auch in Moskau das Wort vom Ko-Sicherheitsgaranten China in Zentralasien; die vormals geforderte Exklusivität des russischen Anspruchs in der Region wird aufgegeben. Prominente Vertreter des russischen außenpolitischen Establishments argumentieren nach außen hin, dies sei keine geopolitische Herausforderung, da die Interessen Moskaus und Beijings ohnehin im Einklang stünden und man sich fortlaufend koordiniere. Tatsächlich einen die chinesische und russische Regierung ihre gemeinsame Unterstützung autoritärer Regime, ein sehr weit gefasstes Verständnis von Terrorismus und wenig Respekt vor rechtsstaatlichen Standards. Darüber hinaus versichert man sich der gemeinsamen Opposition gegen die NATO-Präsenz in Afghanistan, obwohl man durchaus auch davon profitiert und noch keine tragfähige Alternative dafür hat. In der inner-russischen Debatte werden trotz alledem Beschwerden laut. China habe nur darauf gewartet, wirtschaftlichen Einfluss in politischen umzulegen; auf das Abfließen zentralasiatischer Ressourcen nach Osten solle die geopolitische Wachablösung folgen. Unterdessen haben sich USA und NATO-Partner gegenüber chinesischer Teilnahme an Konfliktlösungsmechanismen offen gezeigt, aber gleichzeitig klargemacht, dass sie keine chinesische Beteiligung an einer afghanischen Militärbasis wünschen. In Bezug auf Chinas neue Rolle in regionalen Sicherheitsorganisationen gibt man sich in Europa und den USA abwartend.
Konsequenzen für Deutschland und Europa
Chinas strategisch und langfristig angelegter Griff nach einer schrittweisen Führungsrolle in der erweiterten Nachbarschaft der EU ist eine große Herausforderung, er eröffnet aber auch neue Kooperationsoptionen. Im Gegensatz zum Kreml ist die Führung in Beijing weder an politischer Instabilität noch an einer Verschlechterung ihres Verhältnisses zur EU interessiert. Chinesische Impulse zur wirtschaftlichen Unterstützung und sicherheitspolitischen Stabilisierung in Zentralasien können für Europa von Vorteil sein. Dennoch bedeutet die schleichende Gewichtsverlagerung auch eine stetige Abnahme des europäischen Einflusses, etwa bei Standards von umfassender Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit, die mühsam aufgebaut wurden. Es ist also wichtig zu erkennen, dass China in der Region je nach Situation als Partner, Konkurrent und Gegner auftritt, und darauf ist jeweils differenziert zu antworten.
Im wirtschaftlichen Bereich schafft Chinas Präsenz Anreize für die Staaten der Region, nicht hinter protektionistischen Mauern der Eurasischen Wirtschaftsunion russischer Prägung zu verschwinden – und das kann auch zum Vorteil Europas sein. Bei Tadschikistan und Usbekistan sind die Beziehungen zu China ein Grund, den Beitritt zu Russlands „Integrationsprojekt“ skeptischer zu sehen, bei Kasachstan und Kirgistan sind sie ein Motiv, wirtschaftliche Schranken nach außen niedrig zu halten. Gleichzeitig spielt Moskau aus Angst, nicht wettbewerbsfähig zu sein, bei einem möglichen Freihandelsabkommen mit China auf Zeit. Die Rede ist gar von einem regulatorischen „eurasischen Acquis“, ähnlich jenem der EU für Beitrittskandidaten, den China zunächst erfüllen müsse.
Darüber hinaus sind von China angestoßene infrastrukturelle Verbindungen und die Aktivitäten der chinesisch begründeten Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) insgesamt im europäischen Interesse.1 Konnektivität innerhalb der Region sowie nach China, Pakistan und in den Iran verringert die Abhängigkeit der zentralasiatischen Staaten von Russland und erleichtert ihre Anbindung an Europa über die Türkei an Europa. Die AIIB arbeitet bisher, auch in Kooperation mit europäischen Entwicklungsbanken, im Einklang mit internationalen Standards und kann einen Beitrag zur Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Empfängerstaaten leisten. Allerdings sehen sich europäische Unternehmen nun auch chinesischen Konkurrenten gegenüber, die massiv staatlich gefördert werden, um Rohstoffe zu sichern, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen und politischen Einfluss aufzubauen. Gerade für exportorientierte europäische Volkswirtschaften wie die deutsche kann dies ein immer größeres Problem darstellen. In der Tat hat sich Europas Position in den Außenhandels- und Investmentstatistiken einiger Staaten der Region bereits verschlechtert.
Für die europäische Energiepolitik, stets auf Diversifizierung und geringere Abhängigkeit von Russland bedacht, ist problematisch, dass Gasimportpläne aus Turkmenistan wohl begraben werden müssen. Aschgabat ist im Moment völlig vom Kunden China abhängig, der kein Interesse an Wettbewerb und höheren Preisen haben dürfte. Außerdem wird Deutschland bei seinem viertwichtigsten Öllieferanten Kasachstan mit starker chinesischer Konkurrenz rechnen müssen, sollte Berlin die Importe ausbauen wollen.
In Sicherheitsfragen haben die drei in die zunächst erfolgreichen Verhandlungen zum Iran-Nuklearabkommen involvierten EU-Mitgliedsstaaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit China ein gewisses Maß an Vertrauen aufgebaut und ein Interesse an Folgekooperationen, während zugleich abzuwarten bleibt, welche Elemente des Abkommens nach dem US-Ausstieg erhalten werden können. Die chinesische Regierung versucht sich global als prominenter Konfliktlösungsakteur zu positionieren. In Bezug auf Afghanistan könnten die Regierungen der genannten europäischen Staaten sowie die EU-Kommission an diese Ambition Chinas und seinen neuen Einfluss anknüpfen, und ein neues Verhandlungsformat vorschlagen, mit europäischer Beteiligung und auf Außenministerebene. Immerhin haben London und Berlin nach 2014 Truppen in Afghanistan belassen und umfangreiche Budgetmittel im Spiel.
Im Bereich Grenzschutz, mit dem die Themen transnationaler Terrorismus und illegale Migration verbunden sind, sind europäische Regierungen schon lange über die OSZE und die EU in Zentralasien aktiv. Die OSZE unterhält seit zehn Jahren eine Stabsakademie für Grenzmanagement in Tadschikistan, fördert Ausbildung und Informationsaustausch. Die EU wiederum unterstützt in der jetzigen Phase des 2003 gestarteten Grenzmanagementprogramms in Zentralasien (BOMCA) Professionalisierung und institutionelle Reform. Die über die Jahre aufgebaute europäische Erfahrung ist gleichsam als Software komplementär zu Chinas Hardware-Investitionen in Form von Grenzschutzanlagen zwischen Tadschikistan und Afghanistan.
Neue Herausforderungen für Europa ergeben sich durch chinesisch geführte Sicherheitsformate in normativen Fragen. Sowohl die SOZ als auch die pan-asiatische CICA, beide auch mit Russland als führendem Mitglied, vertreten andere Vorstellungen als die EU und – trotz russischer Mitgliedschaft – als die OSZE, was Rechtsstaatlichkeit und Good Governance, zivilgesellschaftliche Einbindung, sowie Deradikalisierung und Terrorismusbekämpfung angeht. Chinas neuer Einfluss auf Agenda und Standards kann das Ziel nachhaltiger Sicherheit in der Region gefährden und erfordert eine europäische Reaktion.
Auch die über chinesische Entwicklungs- und große staatlich kontrollierte Geschäftsbanken in die Region fließenden Gelder – weitaus mehr als die Investitionen der multilateralen AIIB – können destabilisierend wirken. Oft werden damit autoritäre Regierungen gestützt, ohne Rücksicht auf Wirtschaftlichkeit oder gute Regierungsführung. Dieses Vorgehen begünstigt Kleptokratie und enorme Schuldenlasten. Soziopolitischer Unmut über große Wohlstandsgefälle und Korruption in nicht demokratisch legitimierten Systemen kann den Boden für gewaltsame Unruhen oder radikale Ideologien bereiten.
Fazit: – Das Dreieck EU-China-Russland
In Europas erweiterter östlicher Nachbarschaft ist eine grundlegende Verschiebung der Machtverhältnisse im Gange. Sie wird getrieben vom neuen Akteur China, den Europa gleichzeitig als Partner, Konkurrenten und Gegner auffassen und situationsabhängig behandeln sollte. Dies bringt neue Herausforderungen, die entschlossene und langfristig angelegte Antworten erfordern, aber auch die Chance für eine vorteilhaftere Positionierung Europas im Dreieck mit China und Russland. Der eigentliche Verlierer wird Russland sein, auch wenn es nach außen hin betont, in Ko-Partnerschaft mit China zu arbeiten.
Chinas aktivere Rolle in Afghanistan kann Frieden und Stabilisierung begünstigen und einen Abzug der Nato-Truppen erleichtern. Damit würde ein zentraler Pfeiler des russisch-chinesischen Einvernehmens in der Region, sowie des zentralasiatischen Bedürfnisses nach russischem Schutz wegfallen. Auf dem Weg dorthin können europäische Regierungen Kooperationen mit Beijing bei Konfliktlösung und Grenzschutz zum Vertrauensaufbau nutzen. Dabei müssten sie jedoch gleichzeitig einer Ausdehnung chinesisch dominierter Sicherheitsformate und einer Schwächung von Rechtsstaatlichkeitsstandards entgegentreten.
In Zentralasien kann ein aktives Vorgehen europäischer Regierungen in indirekter Kooperation mit China eine Alternative zur protektionistischen Eurasischen Wirtschaftsunion bieten. Wird der Freihandelsklang in der chinesischen Außenwirtschaftsstrategie ernstgenommen und genutzt, kann er ein Mittel sein, den Aufbau von Handelsschranken zu verhindern und die Staaten der Region in globale Regelwerke zu Handel und Investitionen einzubinden. Auch eine stärker ausgebaute infrastrukturelle Verbindung China-Zentralasien-Europa würde die russische Position schwächen. Schließlich können noch engere Wirtschaftsbeziehungen Chinas (indirekte) Unterstützung für Russlands aggressive Außenpolitik aufweichen, trotz chinesisch-europäischen Reibereien um unfaire Handelspraktiken.
Das übergeordnete Ziel europäischer Politik in der Region sollte sein, unter Wahrung der eigenen Interessen die Machtverhältnisse im Dreieck EU-China-Russland zu Gunsten der europäischen Seite zu verschieben. Eine Schwächung von Russlands diplomatischer, wirtschafts- und sicherheitspolitischer Machtbasis im Osten, verbunden mit zunehmenden Verstimmungen im Verhältnis Moskau-Beijing, könnten dann die Möglichkeit einer gegenüber Brüssel kompromissbereiteren russischen Außenpolitik eröffnen.
Thomas Eder ist Research Associate am Mercator Institute for China Studies.
1 Siehe hierzu auch das Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr.2/2016 der Bundesakademie für Sicherheitspolitik.
Copyright: Bundesakademie für Sicherheitspolitik | ISSN 2366-0805 Seite 1/5