Der Koalitionsvertrag (KV 2018) ist geschlossen, im zwölften von 13 Abschnitten werden die Vorstellungen des Kabinetts Merkel IV zu „Deutschlands Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit in der Welt“ entwickelt. Das ist recht hoch gegriffen, denn die Bundeswehr hat gegenwärtig Mühe, auch nur noch dem Kern ihrer laufenden Aufträge und Verpflichtungen nachzukommen. Es ist zur Binse geworden, dass Ausrüstung und Mittelausstattung der Streitkräfte nach mehr als einem Vierteljahrhundert „Friedensdividende“ nicht mehr auskömmlich sind. Mit den Worten des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels (SPD): Die Streitkräfte seien „als Ganzes im Rahmen der kollektiven Verteidigung derzeit nicht einsetzbar“.
Angesichts solcher von vielen seriösen Sicherheitspolitikern im Kern geteilten Einschätzungen stellt sich die Frage, welche energischen Schritte der KV 2018 zur Veränderung der nicht mehr tragbaren Situation vorsieht. Dies betrifft dreierlei Fragekomplexe: zum ersten die strategische Ausrichtung der künftigen deutschen Sicherheitspolitik, zweitens die Frage nach den bereitgestellten Finanzmitteln für die Verteidigung und drittens deren Umsetzung im Bereich der Rüstung. In diesem Papier werden die ersteren Bereiche nur gestreift, um die strategischen Herausforderungen verstehen und einordnen zu können. Vertiefend werden dann strukturelle Herausforderungen von Rüstungsplanung und -export in den Blick genommen. Ohne (Aus-) Rüstung können keine vorab definierten, strategischen Ziele erreicht werden, auch dies ist eine zunächst trivial anmutende Erkenntnis. Aber es zeigt sich in den öffentlichen Diskussionen in Deutschland deutlich, dass die strukturellen Voraussetzungen der Verteidigung in Gestalt der Rüstungspolitik und der damit zusammenhängenden Frage des Rüstungsexports offenkundig überhaupt nicht erkannt werden – vielleicht auch deshalb, weil diese Fragen zumeist reflexartig in die Sphäre moralischer Diskurse transformiert werden. Insofern soll auch zu einem nüchternen, politisch-analytischem Nachdenken über Problemfelder deutscher Rüstungspolitik angeregt werden.
Schritte nach vorne, Schritte zurück
Das im Sommer 2016 veröffentlichte jüngste Weißbuch (Kabinett Merkel III) ließ den Eindruck aufkommen, dass in der deutschen Verteidigungspolitik der Geist der Realpolitik Einzug halten könnte. Erstmals wurde Rüstungspolitik mit einem Bekenntnis auch zum Rüstungsexport zwecks Erhalt nationaler Schlüsseltechnologien und Ausbau europäischer Kooperation verknüpft. Andere Dokumente, zum Beispiel die Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“, der „Review-Prozess“ des Auswärtigen Amtes oder auch die entwicklungspolitische „Zukunftscharta“ konnten als Schritte in Richtung „mehr Verantwortung“ verstanden werden, wie sie der damalige Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 angestoßen hat. Auch die wiederholt geäußerte Ambition der Bundesregierung, sich an der mit der NATO vereinbarten und von jetzigen US-Präsidenten energisch eingeforderten Zielgröße von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben mittelfristig anzunähern, war ein klarer Beleg für gute Absichten. Gemessen an diesen Bekundungen bleiben die Inhalte des KV 2018 deutlich hinter den Erwartungen an eine belastbare Verteidigungsplanung zurück. Die für die nächsten vier Jahre eingeplanten Etatmittel könnten trotz nominaler Steigerung um 2 Milliarden Euro per anno im Kontext der gegenwärtigen Wirtschaftsparameter ergeben, dass der Bundeswehr-Etat bei etwas unter 1,2 Prozent des BIP verharrt. Das ist schwerlich in Einklang zu bringen mit den Ziffern 7456-59 im KV 2018. Dort ist die Rede davon, dass die Bundeswehr die „bestmögliche Ausrüstung“ erhält. Angesichts der nicht nur vom Wehrbeauftragten des Parlaments immer wieder dokumentierten Zustände ist das eine gewagte These.
Rüstungsetat und ODA-Quote ohne Zusammenhang
Überraschend ist auch, dass Steigerungen des Bundeswehr-Etats an analoge Steigerungen im Bereich von Krisenprävention und Entwicklungshilfe gekoppelt werden: Ohne Steigerung der Quote der Entwicklungsgelder am BIP (Official Development Aid / ODA-Quote) auch nicht mehr Geld für das Militär. Welcher Sachzusammenhang wurde hier erblickt und einem Lösungsversuch zugeführt? Dass es grundsätzlich und in mehr als nur Einzelfällen Zusammenhänge zwischen Entwicklungschancen, fragiler Staatlichkeit, Migrationen und humanitären Krisen geben kann, steht außer Frage. Es wird aber durch bloße Umkehrung dieses losen Zusammenhangs kein Mehrwert geschöpft, in dem man nun verbesserte Sicherheit aus intensiverer Bearbeitung regionaler Entwicklungsdefizite herleiten möchte. Welche sicherheitspolitischen Herausforderungen oder Krisen möchte man mit diesem Ansatz erfassen? Ist mit ODA-Steigerungen dem erratischen Politikstil des neuen US-Präsidenten beizukommen? Kann die europäische Sicherheitskooperation davon profitieren? Hilft dieser Ansatz beim Brexit, dämpft er Chinas offensiver werdende Ambitionen oder ist er gar eine Antwort auf die Putinsche Ukraine-Politik? Hätte er gegen Bin Laden oder Milosevic genutzt? Man kann sich zwar gut hinter ODA-Quoten verstecken, aber man weicht damit dem Kern der Debatten um die deutsche Rüstungs(export)politik nur einmal mehr aus. Andererseits kann man den „ODA-Hebel“ auch anders herum verstehen: Wenn die politisch leichter durchsetzbaren Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit steigen, wächst auch der Verteidigungshaushalt.
Deutsche Rüstungstechnologie als Anker der Bündnisfähigkeit
Damit kommen wir zum Kern der Überlegungen dieses Papiers, den strategischen und strukturellen Fragen des Rüstungssektors. Was zunächst nur wie eine einfache Ausstattungsfrage erscheint (eigene Industrien oder Bedarfsdeckung wie zum Beispiel in Frankreich, Großbritannien oder den USA?), hat in Wirklichkeit eine weit unterschätzte strategische Bedeutung. Ist doch die technologische Stärke der deutschen Verteilungsindustrie trotz aller Schrumpfungsprozesse in 25 Jahren das letzte Pfund, mit dem die Sicherheitspolitik dieses Landes noch wuchern kann. In Kategorien militärischer Stärke ist die Bundesrepublik angesichts von Ausstattungs-, erst recht aber von Ziffern der Einsatzbereitschaft, kaum noch als regionale Mittelmacht anzusprechen und als Partner wenig gefragt. Deutschland geht trotz unbestreitbarer grundsätzlicher Bündnistreue auch eigene Wege und ist deutlich pazifistischer orientiert als Großbritannien oder Frankreich. Militärische Machtmittel zur Durchsetzung eigener Interessen einzusetzen, wird von einigen Teilen der Gesellschaft lautstark und mit großer öffentlicher Resonanz abgelehnt. Damit aber bleibt als letzte Größe, um in gewichtigen sicherheitspolitischen Fragen noch Gehör zu finden und gleichzeitig die eigene Einbettung zu festigen, nur noch die Bedeutung als Lieferant technologischer Höchstleistung auf dem Rüstungssektor. Von dieser Bedeutung als europäisches Zeughaus und Systemlieferant legten in der Vergangenheit Projekte wie die europaweite Verbreitung des Kampfpanzers Leopard 1 und 2, die Beteiligung an Tornado oder Eurofighter und die deutschen U-Boot- und Fregatten-Exporte an zahlreiche Partnerländer Zeugnis ab. Diese im Kern politisch-strategischen Implikationen der bisherigen Rüstungspolitik werden in der Debatte bislang völlig ausgeblendet. Aber wer nicht mehr selber mitgestalten will, wird sehr bald von anderen gestaltet werden und Handlungsoptionen auch auf anderen Politikfeldern verlieren.
Europäisierung vergrößert keine Märkte, Export bleibt nötig
Klar ist, dass der Bedarf der Bundeswehr mit seinen inzwischen recht geringen Stückzahlen die Aufrechterhaltung technologischer Highend-Fähigkeiten nicht mehr generieren kann. Es bleibt also nur der Export, um über Skaleneffekte den einzelnen Panzer, das Schiff oder Flugzeug bezahlbar zu machen – vor allem, um überhaupt noch Weltklasseniveau entwickeln und mit einer gewissen Autonomie produzieren zu können. Europäische Rüstungskooperation, die vielen als Allheilmittel gilt, vergrößert aber keinen Markt (und erst recht keinen Bedarf!), sondern ist immer auch ein Nullsummenspiel europäischer Rüstungsindustrien, bei dem es angesichts von nationalen Überkapazitäten auch Verlierer geben wird. Wenn es dennoch zu mehr europäischer Kooperation kommen soll und muss, dann kann dies bestenfalls zu verringerten Stückkosten führen. Das ist grundsätzlich gut, und wird auf dem Sektor der Luftrüstung seit Jahrzehnten (insbesondere durch Airbus) praktiziert, allerdings primär über den Export abgestützt.
Wo dies nicht gelingt, sind die Ergebnisse enttäuschend, wie der Airbus A400M und – in geringerem Maße – der Eurofighter zeigen. Mit der deutsch-französischen Kooperation KNDS (Kraus-Maffei Wegmann und Nexter Defense Systems) für Landsysteme ist jüngst ein ähnlicher Weg beschritten worden – ob er zielführend sein wird, muss sich noch herausstellen. Auf dem Marinesektor ist dies noch nicht geschehen. Statt eines „Airbus der Meere“ liefern sich im Überwasserbereich fünf Gruppen, und zwar Italiens Fincantieri-Cluster, Frankreichs Naval (ehemals DCNS), die niederländische Damen-Gruppe, Navantia in Spanien und die deutschen Akteure um Thyssen-Krupp, Lürssen und German Naval Yards einen harten, aufgrund ungleichgewichtiger nationaler Aufstellungen nicht immer fairen und transparenten Wettbewerb. Auf dem U-Boot-Sektor treten europäisch Naval und Thyssen Krupp Marine Systems gegen einander an. Aufgrund des enormen Engagements der Pariser Politik hat DCNS/Naval in den jüngsten Jahren stark im Export gepunktet. Die deutsch-norwegische U-Boot-Kooperation zum Typ 212 CD mit Vertrag von 2017 belegt aber, dass Deutschland noch immer eine technologische Spitzenstellung halten und dies mit Partnern in eine europäische Kooperation überführen kann, wie schon zuvor mit Italien beim Grundmodell 212 beziehungsweise 212A. Dies sollte man etwa angesichts des niederländischen Bedarfs versuchen in eine Nordschiene auszubauen gegenüber der sich anbahnenden, immer intensiveren Zusammenarbeit der größeren Player Naval und Fincantieri.
Nationale Kernkompetenzen definieren und schützen
In keinem Fall kann man mit Kooperationen der Frage ausweichen, welche nationalen Fähigkeiten man in eigener Industriebasis erhalten möchte. Die U-Boot-Kooperation unter dem Dach eines deutschen Produzenten ist angesichts deutscher Technik-Führerschaft in diesem Sektor naheliegend, aber kein verallgemeinerungsfähiges Modell. Schon im Überwasser-Bereich muss man konstatieren: Was Deutschland kann, können alle anderen Akteure auch. Hier ist ganz klar die Politik gefordert, eigene nationale Kompetenzen zu stärken, zu deren Bündelung beizutragen und sie als eigene Schlüsseltechnologie auch zu halten, einschließlich der Abstützung durch Export. Der KV vermittelt unter Ziffer 7576 f. den Eindruck, dass zumindest den Verteidigungspolitikern der Zusammenhang von nationaler Souveränität und Schlüsseltechnologien durchaus präsent ist. Die iterative Beschwörung Europas dagegen als Lösungsweg ist ohne konkrete Klärung von Interessen und daraus abgeleiteter Politik allein eine Worthülse und kann nur von den Problemen ablenken. Zuerst ist die nationale Entscheidung gefragt auf Basis einer sauberen Analyse und politischen Willensbildung; danach kann geprüft werden, inwieweit ein rüstungspolitisches Ziel europäisch leichter oder besser erreicht werden könnte. Gerade der Bereich maritimer Rüstung bleibt auch exportpolitisch am unverfänglichsten, weil Kriegsschiffe nicht gegen Demonstranten eingesetzt werden. Wenn nun laut KV 2018 die Lieferungen an alle am Jemenkrieg beteiligten Nationen ausgesetzt werden sollen, dann verwundert die mangelnde Differenzierung. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass angesichts des dortigen Elends keine Handwaffen, Bomben oder Artilleriemunition an kriegsführende Parteien geliefert werden. Warum aber soll die Auslieferung unbewaffneter Patrouillenboote an Saudi-Arabien ausgesetzt werden, mit denen es seine Küsten sichert? Warum soll Ägypten, obwohl es im Jemen dank der interventionsunwilligen Politik Präsident al Sisis weniger verstrickt ist als zum Beispiel die USA, keine deutschen U-Boote mehr erhalten? Die Sicherheitspolitik und erst recht die internationale Zusammenarbeit kann nicht profitieren von einer Außenpolitik mit hochfahrendem aber undurchdachtem moralischen Impetus. Vielmehr wäre es Aufgabe verantwortlicher Politik, dem Wahlvolk zu erklären, was sinnvoll ist und was nicht, statt sich hinter Wählerstimmungen zu verstecken.
Frankreich als schwieriger Kooperationspartner
Als Kooperationspartner drängt sich derzeit vor allem Frankreich auf; alles scheint möglich. Nach Großbritanniens baldigem Ausscheiden ist es die führende Militärmacht der EU. Trotz einer geringeren Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl als Deutschland, ist der Bedarf Frankreichs an Rüstungsgütern nicht geringer als der deutsche. Ideale Voraussetzungen also für ein Zusammengehen? Schwerlich, denn es ist mit keinem anderen Partner eine Kooperation schwieriger als mit Frankreich, weil die französische Politik neben der „normalen“ Landesverteidigung seit 1945 stets größere Ambitionen gehegt hat. Für Frankreich geht es um Weltgeltung, um Erhalt eines Status als Großmacht mit deutlich über den Raum der EU hinausgehenden, überregionalen Interessen. Der „überzeugte Europäer“ Emmanuel Macron ist als Präsident in dieser Frage keineswegs anders als seine Vorgänger, ja vielleicht noch offensiver eingestellt. Aus strategischer Sicht kann man nur begrüßen, wenn Macron die Fähigkeit der EU zur eigenen, von den USA unabhängigen Intervention in gefährlichen Krisenherden im Umfeld der Union stärken will. Was er allerdings unter „Europäischer Interventionsinitiative“ und „Gemeinsamer Interventionsmacht“ versteht, ist keineswegs deckungsgleich mit den deutschen Vorstellungen. Macron sieht Frankreich als geostrategische und militärpolitische Führungsmacht des Kontinents. Im Rahmen der PESCO-Initiative und auch sonst sollte die Vertiefung der Zusammenarbeit deutscherseits mit aller Vorsicht angegangen werden. Man könnte sich sonst schnell wiederfinden als Erfüllungsgehilfe französischer Versuche, Angelegenheiten in der Francophonie, vor allem in Frankreichs früherem Kolonialbesitz in Afrika, im Sinne französischer Interessen zu gestalten. Dann würde Paris die Entscheidungen treffen und Deutschland Geleitzugdienste für französische Flottenverbände, Lufttransport für die Logistik und Bodentruppen für die Stabilisierung französischer Einflussgebiete in Afrika einsetzen, ohne an den Entscheidungen angemessen zu partizipieren. Das wäre im Rüstungsbereich nicht anders: Paris entscheidet (und exportiert), Berlin unterstützt als technischer Juniorpartner. Worin aber besteht das deutsche Mitwirkungsinteresse an der Ausgestaltung einer französischen Sonderstellung?
Strategische Ausrichtung abgleichen – Bedarf und Exportvorgaben abstimmen
Dies wirft Probleme auch für die Rüstungskooperation auf. Der Aufbau von Interventionskapazitäten ergibt aus deutscher Sicht immer weniger Sinn. Wenn man nicht intervenieren will, braucht man auch nicht in großem Stil luftverlastbares Gerät und entsprechende Verbände. Vielmehr sollte die Wiederherstellung der Fähigkeiten zur Landesverteidigung auf längere Sicht im Vordergrund stehen. Auch ist nicht zu erwarten, dass sich an der deutschen Kultur militärischer Zurückhaltung etwas ändern dürfte. Insofern wäre vor vertiefter Partnerschaft ein strategischer Abgleich erforderlich, in dem Deutschland französischer und Frankreich etwas deutscher würde, so jüngst noch der damalige Außenminister Sigmar Gabriel. Deshalb ist auch vor einer realen Vertiefung verbaler Europa-Euphorie viel Bedarf an Nachdenken und Klärung gesetzt. Erst nach diesen Schritten sollte entschieden werden, was gemeinsamer Bedarf ist, wie ein gleichrangiger Einfluss auf die rüstungspolitischen Entscheidungen garantiert bleibt und vor allem, nach wessen Regeln und in welchen Verfahrensgängen über den auch bei einer bilateralen Kooperation notwendigen Export entschieden wird. Soll der Export deutscher Industrien gelockert werden, weil Frankreich gerne mehr exportiert? Selbst der Bedarf Frankreichs und Deutschlands an einem neuen Kampfpanzer dürfte keinen auskömmlichen Stückpreis ergeben ohne Export.
Alternativen prüfen
Sind andere Wege denkbar? Es wäre zum Beispiel auch sinnvoll, vielleicht sogar besser gewesen, die deutsche Reputation aus der Leopard-Panzerfamilie zu nutzen und mit den zahlreichen Nutzerländern einen künftigen Entwicklungsweg auszuhandeln – sozusagen die Bildung von Koalitionen der Willigen. Gleiches wird bei anderem Spitzengerät der Heeresrüstung ja auch praktiziert, etwa bei der sich entwickelnden Erfolgsgeschichte des Transportpanzers Boxer oder bei der Panzerhaubitze 2000. Das maritime Positivbeispiel dieser Tage ist einmal mehr die U-Boot-Familie 212, die ja unter deutscher Technologieführerschaft in Kooperation mit Italien begann und jetzt um Norwegen erweitert wird. In einem derartigen Konzept wäre eine rüstungspolitische Gestaltungsaufgabe deutscher Verteidigungspolitik zu erkennen, die ein wirklich proaktives Engagement verlangt. Dies kann aber, es bleibt zu wiederholen, nur dann gelingen, wenn ein ernsthaftes Interesse am Erhalt von Rüstungskapazitäten langfristig glaubwürdig und so auch für das Ausland erkennbar ein nachhaltiges Ziel deutscher Politik bleibt und man auch an getroffenen Exportentscheidungen festhält. Insofern bleibt zu hoffen, dass auch für den KV 2018 gilt, was schon für viele andere Koalitionsverträge gegolten hat: Er ist nur eine vage Richtschnur und das Meiste darin nicht näher konkretisiert. Insofern gilt für die Verantwortlichen in Verteidigungs- und Rüstungsplanung: jetzt handeln! Keiner wird drei Jahre später mit dem Taschenrechner hinterherlaufen und die ODA-Relation nachrechnen. Es ist angesichts weltpolitischer Umbrüche mit großer Dynamik hohe Zeit, für eine klare Analyse und klare Entscheidungen zum Erhalt der Verteidigungskapazitäten dieses Landes.
Dr. Joachim Weber ist Senior Fellow am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Zuvor war er über 15 Jahre im Bundesdienst tätig, darunter im Rüstungsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie im Bereich Wirksamkeit/Qualitätsmanagement des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Copyright: Bundesakademie für Sicherheitspolitik | ISSN 2366-0805 Seite 1/5