Im Jahr Eins nach dem ISAF-Einsatz gründete sich am 20. Mai in Berlin die niederländisch-deutsche „Common Effort Community“, um die Lehren aus „Afghanistan“ für künftige Konfliktlösungen umzusetzen.
„Diversität ist der Schlüssel zum Erfolg in einer komplexen Welt“ – so Ursula von der Leyen am 20. Mai vor den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der multinationalen zivil-militärischen Stabsübung „Common Effort 2015“. Die Bundesverteidigungsministerin wandte sich mit ihren Worten an die versammelten 150 Soldaten des 1. Deutsch-Niederländischen Korps und 100 zivilen Experten, die diese Diversität spiegeln. Drei Tage lang übten sie die Kooperation in internationalen Stabilisierungsmissionen – in der Umsetzung des „vernetzten Ansatzes“ zur Konfliktbewältigung.
Ihre Rede hielt von der Leyen anlässlich der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung von 24 Nichtregierungsorganisationen, Forschungseinrichtungen, Ministerien und dem Deutsch-Niederländischen Korps, mit dem diese eine „Common Effort Community“ gründeten. Sie verpflichteten sich damit unter anderem, gemeinsam „zu üben, zu lernen, Wissen und Erfahrungen zu teilen, um unser Verständnis von Fragilität und Konflikt besser zu verstehen“ wie auch „unsere Strategien für den Schutz von Zivilisten zu verbessern“ sowie „in Deutschland, den Niederlanden, bei NATO, EU und VN öffentliche und politische Unterstützung für den integrierten vernetzten Ansatz zu fördern“.
Viele Namen für einen gemeinsamen Ansatz
Was die niederländischen und deutschen Experten und Soldaten im englischen Original der Erklärung als „integrated (comprehensive) approach“ bezeichnen, ist genau der Schwerpunkt der Lehre der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Neben dem Bundesverteidigungsministerium, dem Deutschen Roten Kreuz oder dem Internationalen Institut für Politik und Wirtschaft „Haus Rissen Hamburg“ gehört daher auch die zentrale Weiterbildungsstätte der Bundesregierung zu den deutschen Unterzeichnern. Vertreten war sie bei der offiziellen Zeremonie durch ihren Vizepräsidenten, Armin Staigis.
„Wir haben alle noch unterschiedliche Namen dafür – bei den Briten etwa heißt es ‚whole of government approach‘, bei den Niederländern sogar ‚whole of society approach‘ und wir Deutschen nennen es schlicht ‚vernetzt‘“, sagte Staigis, der von 2004 bis 2008 selbst Chef des Stabes des Deutsch-Niederländischen Korps gewesen war. Im Kern aber, so der Brigadegeneral a.D., wollten alle auf dasselbe hinaus: die bestmögliche Zusammenarbeit von allen an Konfliktbewältigung beteiligten Akteuren. „Die ISAF-Mission der internationalen Gemeinschaft ist nun abgeschlossen. Jetzt kommt es darauf an, dass wir auf dieser Erfahrung aufbauen, unsere ‚lessons learned‘ für die Zukunft umsetzen.“
Aufgestellt 1995 sind an dem, ursprünglich bi-nationalen, „1. Deutsch-Niederländischen Korps“ mittlerweile ein Dutzend NATO-Partner beteiligt. Der Stab war bereits 2003 und 2009 Führungskomponente der „International Security Assistance Force“ (ISAF) in Kabul, Afghanistan, gewesen. Er hatte damit nicht nur die militärische Seite des internationalen Einsatzes am Hindukusch geleitet, sondern war auch an der Koordination des Wiederaufbaus des Landes nach Jahren des Bürgerkrieges beteiligt gewesen.
Erfolgsversprechen und Grenzen des vernetzten Ansatzes
Eine Podiumsdiskussion von NGO- und Regierungsvertretern thematisierte vor der Unterzeichnungszeremonie noch einmal die wichtigsten zukünftigen Arbeitsfelder des vernetzten Ansatzes. Rüdiger König, Leiter der jüngst neu geschaffenen Abteilung „Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge“ des Auswärtigen Amts, erklärte, dass bei der Kooperation vieler unterschiedlicher Beteiligter wichtiger sei, die jeweiligen Arbeitskulturen der Anderen zu kennen und zu berücksichtigen, als auf Strukturen zu achten. „Culture eats strategy for breakfast – and structure for lunch“, wandelte König den Managementforscher und Ökonomen Peter Drucker ab.
Auf die Grenzen der sonst allseits gelobten Zusammenarbeitserfahrung wies Florian Westphal, Geschäftsführer von „Ärzte ohne Grenzen Deutschland“, hin: „Wir können nicht mit dem Militär kooperieren, aber wir interagieren mit ihm.“ Für seine humanitäre Hilfsorganisation habe ihr Auftrag der Versorgung mit dem Lebensnotwendigen absoluten Vorrang, so dass sie in Konfliktsituationen streng ihre Neutralität wahren müsse.
Autor: Marcus Mohr
Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung über „Common Effort 2015“