„Für die NATO sind ihre Partnerschaften nicht nur Option, sondern elementare Notwendigkeit“, fasst ein hochrangiger Offizier den Hintergrund des 360-Grad-Symposiums zusammen. (Da die Tagung unter der Chatham House Rule stattfand, verzichtet die BAKS in diesem Beitrag auf Namensnennungen.) Tatsächlich besteht die NATO nicht nur aus 29 Mitgliedsstaaten, sondern pflegt gleichzeitig Kooperationsbeziehungen mit 41 Partnerländern. Diese Partnerschaften reichen von politische Beratungen über Informationsaustausch und gemeinsame Übungen bis hin zur Teilnahme der externen Partner an NATO-Einsätzen weltweit. Das Allied Command Transformation (ACT) mit Sitz in Norfolk an der US-amerikanischen Ostküste ist die maßgebliche Kommandobehörde für diese Kooperationen.
Die verschiedenen Partnerschaftsformate gehen auf die Zeit unmittelbar nach dem Ende des Kalten Krieges zurück. Gerade in dieser Phase habe das Bündnis, so ein hochrangiger Regierungsvertreter beim Symposium, „sehr viel für die Stabilität in Europa und insbesondere in Hinsicht auf die osteuropäischen Länder“ geleistet. 25 Jahre später jedoch hat sich das Sicherheitsumfeld dramatisch verändert.
Was bedeutet das gewandelte Sicherheits-umfeld für die Partnerschaften der NATO?
Während der 1990er Jahre, so fasst es ein hochrangiger Beamter zusammen, „war Russland ein Partner, dem Nahen Osten ging es zwar nicht gut, aber er war stabil, und Ostasien war sehr weit weg“. All das habe sich verändert, weshalb „sich auch unsere strategischen Prämissen verändert haben“. Während bereits bei den NATO-Gipfeltreffen 2014 in Wales und 2016 in Warschau wichtige Entscheidungen in Bezug auf die Bündnisverteidigung getroffen wurden, stehen bei dem Symposium nun die Partnerschaften im Mittelpunkt der Diskussion: Sollte die Alliianz neue potentielle Partnerschaften ins Auge fassen? Müssen aktuelle Kooperationen angepasst werden? Oder gibt es vielleicht sogar Partnerschaften, die beendet werden sollten? Entscheidend dabei: Die Konferenz bezieht Vertreterinnen und Vertreter der Partnerländer gezielt ein - ein Umstand, der bereits zu Beginn auf großen Zuspruch stieß.
Mit 41 Partnerländern, habe die Allianz „bereits ein starkes Fundament, aber es gibt noch sehr viel mehr Potential“, betont ein hochrangiger Vertreter des Bündnisses. Da die NATO allerdings "immer besonders gut darin ist, Dinge zu beginnen, jedoch nicht gut darin, sie zu beenden“, müsse diese Überprüfung kritisch und offen für Diskussionen sein, so der Appell eines ranghohen Militärs.
Diskussion über unterschiedliche Bedrohungswahrnehmungen
Dies beginne mit der Bedrohungsanalyse, führt ein ziviler Beamter aus. Für osteuropäische NATO-Mitglieder etwa stellt Russlands Politik die größte Bedrohung dar, während südeuropäische Mitgliedsstaaten an dieser Stelle eher gescheiterte Staatlichkeit und terroristische Bedrohungen im Nahen Osten und Nordafrika sehen. Außerdem müssten andere, neu hinzugekommene Faktoren wie der Cyberspace und Nordkoreas Entwicklung von Atomwaffen mteinbezogen werden, so ein weiterer Teilnehmer.
Ebenso gehe es in der Debatte um die Partnerwahl auch um westliche Werte, sagt ein weiterer hochrangiger Beamter. Dies sei besonders wichtig, da die NATO ein umfassendes Verständnis von Sicherheit verfolge, das zum Beispiel auch Genderperspektiven und Korruptionsbekämpfung im Verteidigungssektor miteinbeziehe.
Die BAKS als transatlantischer Gastgeber
In diesem Sinne nimmt das 360-Grad-Symposium einen Rundumblick ein und bietet den nötigen Raum für offene Diskussionen. Als zentrale Weiterbildungseinrichtung der Bundesregierung für Sicherheitspolitik agiert die Bundesakademie für Sicherheitspolitik regelmäßig als Gastgeber für nationale und internationale Konferenzen und Expertenagungen in den Bereichen Sicherheit, Strategie und Verteidigung.
Autoren: Janina Wietschorke und Sebastian Nieke