Arbeitspapiere

Anpassungen erforderlich: NATO-Partnerschaftsprogramme im 21. Jahrhundert

11/2019
Die Zahl der NATO-Partnerschaftsprogramme ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Inzwischen ist dieses System in Sachen Verwaltungsaufwand und Aufsicht nahezu unbeherrschbar geworden – nicht nur in Anbetracht der Zahl der Partnerländer, sondern auch in Bezug auf die Verschiedenartigkeit der Programme, Initiativen, Rahmenwerke und Finanzierungs- und Überprüfungsmechanismen. Dieses Arbeitspapier argumentiert, dass die Partnerschaftsprogramme angepasst werden müssen, und schlägt entsprechende Schritte vor.

Die NATO sollte ihre Partnerschaftsprogramme und Aktivitäten an das sich wandelnde weltweite sicherheitspolitische Umfeld anpassen, indem sie sich von der Eingruppierung von Ländern anhand ihrer Zusammenarbeit mit der NATO in der Vergangenheit oder anhand von Regionen verabschiedet. Anstatt dessen sollten zwei oder drei übergeordnete matrixartige Rahmenprogramme geschaffen werden, um größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten. Die NATO sollte ihre Zusammenarbeit mit der EU vertiefen und eine Kombination bestehender, in anderen internationalen Organisationen entwickelter, aber auf die Erfordernisse und Eigenheiten der NATO zugeschnittener Instrumente einführen. Dies würde die NATO in die Lage versetzen, besser einzuschätzen, wie Partnerschaften im Ergebnis zur Sicherheit im Bündnis und in dessen Nachbarschaft beitragen.

Wie die NATO-Partnerschaften entstanden und schließlich „außer Kontrolle“ gerieten

Die Zahl der NATO-Partnerschaftsprogramme ist in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen, insbesondere seit der Öffnung der NATO für neue Mitglieder und der Auflösung des Warschauer Paktes.[1] Es begann im Jahr 1994 mit dem Programm Partnerschaft für den Frieden (Partnership for Peace – PfP) auf Grundlage des Nordatlantischen Kooperationsrats (North Atlantic Cooperation Council – NACC). Letzterer war bereits 1991 als Forum für den sicherheitspolitischen Dialog zwischen der NATO und deren neuen – damals noch – Partnerländern im Osten ins Leben gerufen worden. Andere Programme folgten 1997 mit der Gründung des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats (Euro-Atlantic Partnership Council – EAPC) und 2004 mit der Istanbuler Kooperationsinitiative (Istanbul Cooperation Initiative – ICI). Diese Instrumente waren ursprünglich dazu gedacht, potentielle neue Mitglieder näher an das Bündnis heranzuführen, aber die Zahl und Zielsetzung solcher Partnerschaften haben sich seitdem erheblich verändert.

EAPC, ICI, Mittelmeer-Dialog (Mediterranean Dialogue – MD), „Partners around the Globe“ oder einfach „Global Partners“ (GP) sind nur einige der Akronyme, die für die verschiedenen Partnerschaften stehen. Angesichts der Vielzahl von Partnerländern (die Kooperationen umfassen mehr als 50 Bündnismitglieder und Partner), aber auch der größeren Komplexität aufgrund der verschiedenen Arten von Programmen, Kooperationsrahmen, Finanzierungsmechanismen und Laufzeit- und Überprüfungsmechanismen, ist das System nahezu unbeherrschbar geworden. Instrumente wie die Individuellen Partnerschafts- und Kooperationsprogramme (Individual Partnership and Cooperation Programmes – IPCPs), Individuellen Partnerschaftsaktionspläne (Individual Partnership Action Plans – IPAPs), die Programme „Planungs- und Überprüfungsprozess“ (Planning and Review Process – PARP) und „Aufbau von Verteidigungskapazitäten“ (Defence Capacity Building – DCB) und individuelle Jahresprogramme (Annual Programs –ANPs), um nur ein paar zu nennen, unterscheiden sich in der Tiefe, dem Grad der Verpflichtung auf Seiten des Partnerlandes und auf Seiten der NATO, aber auch in der Qualität ihrer Überwachung und Überprüfung. Finanzierungsmechanismen hängen von freiwilligen nationalen Beiträgen, Treuhandfonds oder anderen schwankungsanfälligen Ressourcen ab.

Als ob dies nicht genug wäre, wurden zusätzlich zahlreiche „29+N“-Formate (29 Bündnismitglieder und eine Partnernation) wie der NATO-Russland-Rat, der NATO-Ukraine-Rat und der NATO-Georgien-Rat zur Beratung und Zusammenarbeit geschaffen, oftmals, um unmittelbaren politischen Erfordernissen gerecht zu werden oder die Sichtbarkeit der Zusammenarbeit zu erhöhen. Einige der Partnerschaften erweisen sich als politisch zunehmend schwierig. Innerhalb der ICI isolieren mindestens zwei der Mitglieder Katar, während zugleich zwei wichtige regionale Mitglieder des Golfkooperationsrats nicht in der Initiative vertreten sind. Die Länder des EAPC haben teilweise sehr unterschiedliche Ansichten über die NATO. Und im Hinblick auf den Mittelmeerdialog wird ironischerweise die politische Zukunft Libyens (als Nichtmitglied) von Bedeutung sein, wenn es darum geht, wie vielen zentrale Herausforderungen, wie illegaler Migration und Terrorismus, im Mittelmeerraum begegnet werden kann. Der NATO-Russland-Rat ist ein weiteres konkretes Beispiel dafür, wie sich eine Partnerschaft mit der Zeit grundlegend von ihren ursprünglich avisierten Zielen entfernen kann.

Die vielen mit der Zeit geschaffenen Programme und Mechanismen, auch durch die als globale Partnerschaft (oder „Partners Around the Globe“) bezeichnete Eingruppierung, die mit dem strategischen Konzept von 2010 geschaffen wurde, bieten den Vorteil, dass sie eine Differenzierung zwischen den Ländern aus Gründen der politischen Sichtbarkeit oder Opportunität ermöglichen. Sie verursachen jedoch hohe Kosten, binden Humanressourcen, und erfordern einen hohen Verwaltungsaufwand, und belasten damit die ohnehin bereits überdehnten Ressourcen der NATO. Zusätzlich bringt die Verteilung der Verantwortung auf verschiedene NATO-Organisationen, von den Abteilungen Partnership (PASP), Operations (OPS) und Emerging Security Challenges (ESC) bis zum Allied Command Transformation (ACT), einen großen Koordinationsaufwand mit sich.

Was bedeutet das für die Effektivität von NATO-Partnerschaften?

Erstens ist das zentrale Ziel aller Partnerschaftsprogramme der Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit im euro-atlantischen Raum und zur Stabilität in der unmittelbaren und weiteren Nachbarschaft der NATO. In den letzten 20 Jahren ist die Agenda mit der steigenden Zahl der beteiligten Länder jedoch heterogener geworden und die Ziele, die die NATO mit den verschiedenen Partnerschaftsgruppen verfolgt, unterscheiden sich zunehmend, und das gilt auch für die politischen Systeme der beteiligten Partnerländer. Neue NATO-Mitglieder sollten – jedenfalls in der Theorie – zur Stärkung der NATO und der von ihr vertretenen Werte beitragen, obgleich man bei manchen der jüngsten Neuzugänge die Frage stellen könnte, ob andere Gesichtspunkte überwogen haben. Die Stärkung der NATO sollte grundsätzlich auch der oberste Leitsatz für Partnerschaften sein. Außerdem sollten die Partnerschaften den Verteidigungskräften der Partnerländer dabei helfen, Interoperabilität mit den Kräften der NATO und der Bündnispartner herzustellen.

Zweitens läuft die Vermehrung der Partnerschaften immer mehr der ursprünglichen Zielsetzung der Programme zuwider. Viele Partner werden oder wollen niemals NATO-Mitglieder werden. Daher muss der institutionelle Rahmen der NATO für Partnerschaften ein lebendes Instrument sein und sich einer veränderlichen internationalen Sicherheitslage und dem politischen Umfeld anpassen. Ein aktuelles Beispiel ist das Ruhen der Aktivitäten des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats (EAPR) mit Russland nach der illegalen Annexion der Krim. Eine regelmäßige Überprüfung der Effektivität einer Partnerschaft wird zunehmend notwendig, und diese sollte auf der Grundlage der Kerninteressen und Prioritäten der NATO geschehen (welche möglicherweise in manchen Fällen von denen des Partners oder der Partnergruppe abweichen). Beispielsweise wurde Finnland und Schweden, während sie formal immer noch EAPR-Partner sind, inzwischen der Status „Enhanced Opportunities Partner“ (EOP) gewährt, und beide haben auch starke sicherheits- und verteidigungspolitische Interessen mit der NATO gemeinsam. Andere, wie Armenien und Aserbaidschan mit ihren fortdauernden bilateralen Konflikten, könnten die Sicherheit der NATO eher beeinträchtigen als stützen. Die politischen Ziele mancher Mitglieder der Gruppe „Partners Around the Globe“ (GPs) und mancher Länder des Mittelmeerdialogs (beispielsweise Ägypten und Pakistan) weichen in Bezug auf die Stabilität in der Region möglicherweise erheblich von denen des Bündnisses ab, oder aber sie befinden sich in einem strategischen Konflikt mit ihren Nachbarn.

In der Vergangenheit wurden Partnerschaften, in der Hoffnung, die regionale Sicherheit zu verbessern, oft auf Grundlage eines geographischen Ansatzes angestrebt, anstatt sich daran zu orientieren, welche Länder in einer bestimmten Gruppe am besten zur Sicherheit des Bündnisses beitragen können. Die Schaffung sogenannter individueller Partnerschaftsprogramme, Aktionspläne und nationaler Jahresprogramme (unterstützt durch die Schaffung von „ein-Land-Teams“, die den Militärstab und den Internationalen Stab der NATO zusammenbringen) hat dazu beigetragen, manche der beschriebenen Probleme abzumildern, kann aber nicht das zugrundeliegende Problem der Überlappung und Doppelung und des Verwaltungsaufwands lösen.

Die NATO-Partnerschaften an eine sich schnell verändernde Welt anpassen – mehr Lastenteilung mit der EU

Ein Weg zur Modernisierung der Partnerschaftsmechanismen könnte die Verbesserung des sogenannten „Berlin-package“-Ansatzes sein, der bei der Sitzung der Außenminister der NATO im April 2011 vereinbart wurde. Dies ist ein Mechanismus, der es Partnern ermöglicht, aus einem Menü von Unterstützungsoptionen diejenigen zu wählen, die ihnen am besten dabei helfen, ihre Verteidigungskapazitäten zu stärken und enger mit der NATO zusammenzuarbeiten. Ein neuer Versuch, basierend auf einer Konzentration auf maximal drei übergreifenden matrixartigen Rahmen-Partnerschaftsprogrammen, könnte in enger Absprache und Zusammenarbeit mit den Bündnispartnern und dem innerhalb der NATO-Kommandostruktur verantwortlichen Befehlshaber Allied Command Transformation (ACT) unternommen werden, die Anzahl, inhaltliche Tiefe, Planungszyklen und Überprüfungsmechanismen von Programmen zu rationalisieren. Je nach den Bedürfnissen einzelner Mitglieder oder Gruppen könnten diese Rahmenprogramme dann maximale Flexibilität in Bezug auf Inhalt, Verpflichtungsgrad und Tiefe der Überprüfung ermöglichen.

Ein solcher Ansatz würde die notwendige Differenzierung zwischen Partnerländern und Partnergruppen zum Zweck der politischen Sichtbarkeit ermöglichen (fortgeschrittene Partnerschaft oder Zusammenarbeit oder lediglich Konsultationspartnerschaft) und gleichzeitig die Verwaltungskosten und die für die Aufsicht durch NATO-Ausschüsse / den Nordatlantikrat verringern. Gleichzeitig würde er es dem Bündnis ermöglichen, den politischen Stillstand zu überwinden, der in regionalen Settings oft zum Problem wird. Die Geographie sollte nicht länger das Hauptkriterium für NATO-Partnerschaften sein. Wo Länder einer bestimmten Region Vorteile darin sehen, weiterhin im Rahmen der NATO zusammenzuarbeiten, könnte dies durch die einzelnen Länderprogramme abgebildet und unterstützt werden.

Maßgeschneiderte Unterstützungsprogramme unter einem gemeinsamen Rahmen würden eine engere Zusammenarbeit mit einigen für die NATO besonders wertvollen Partnern ermöglichen, wie zum Beispiel Finnland und Schweden im Norden, oder Jordanien im Süden, die starke Sicherheits- und Verteidigungsinteressen mit der NATO gemeinsam haben. Für andere Partner, die der NATO nicht derart nahestehen, könnte dann, soweit dies möglich und finanziell tragbar ist, eine elementarere Unterstützung für Reformen im Sicherheits- und Verteidigungssektor organisiert werden - möglichst in Zusammenarbeit mit anderen relevanten multilateralen Akteuren (EU) oder regionalen Akteuren wie der Afrikanischen Union (AU). So wäre es möglich, knappe Ressourcen zugunsten der Partner zu priorisieren, die am meisten zu den Sicherheitsinteressen des Bündnisses und der Region beitragen, ohne anderen ihren weniger wichtigen Status deutlich werden zu lassen.

Ein neues oder angepasstes System für NATO-Partnerschaften sollte auch die in anderen multilateralen Organisationen gesammelten Erfahrungen nutzen, insbesondere die der Europäischen Union. Letzteres ist sogar noch wichtiger, da Sicherheit und Verteidigung schrittweise auch in den EU-Partnerschaftsprogrammen an Bedeutung gewinnen. Eine Abstimmung von EU-Programmen und NATO-Programmen könnte gegebenenfalls deren Effektivität und Wirkung erhöhen. Dies würde auch zu dem in den betreffenden gemeinsamen politischen Erklärungen und Gipfelkommuniqués von 2016 und 2018 erklärten übergreifenden Ziel einer engeren Zusammenarbeit zwischen EU und NATO beitragen. Die Effektivität und Wirkung würde auch verbessert, wenn sich Sicherheitsprogramme der EU, wie das Instrument für Stabilität und Frieden (ISF), das für die Jahre 2014-2020 über Mittel in Höhe von 2,3 Milliarden Euro verfügt, und die Programme der „NATO Defence and Related Security Capacity Building (DCB) Initiative“ – mit ihren weit geringeren Mitteln – gegenseitig verstärken könnten. Die Zusammenarbeit sollte auch auf die Unterstützungsprogramme beider Organisationen zum Aufbau von Integrität und guter Regierungsführung ausgeweitet werden. Manche der zwischen der EU und der NATO vereinbarten 74 gemeinsamen Maßnahmen tragen bereits zu diesem Ziel bei. Auf manchen Gebieten, wie zum Beispiel Cyber, wo Alliierte nicht die einzigen sind, die den Partnern Unterstützung leisten können, könnten Kooperationen zwischen NATO Partnern untereinander dabei helfen, die Ressourcen von fortschrittlichen Partnernationen wie Israel zur Unterstützung anderer Partner zu aktivieren. Dies würde nicht nur die Belastung für Bündnismitglieder reduzieren. Es würde auch einen Dialog auf Augenhöhe schaffen, da Partner nicht nur als Empfänger von Unterstützungsleistungen des Bündnisses, sondern auch als Anbieter gewürdigt würden.

Wie kann man den Erfolg von Partnerschaftsaktivitäten vergrößern und messen?

Funktionierende, effektive und robuste Verteidigungsinstitutionen sind eine Voraussetzung für den langfristigen Erfolg von Bemühungen zur Stärkung der Kapazitäten von Partnernationen. Anstatt einer Betrachtung und Überprüfung anhand des Charakters der Programme, sollte die NATO ein stukturübergreifendes, für jedes Land individuell durchzuführendes Überprüfungs- und Bewertungsverfahren einführen. Dies würde auf Grundlage von vorher mit Partnern vereinbarten Kriterien, eine Messung des Gesamtfortschritts bei der Reform der Verteidigungs- und Sicherheitssektors eines Landes und dessen Einhaltung der Ziele im Bereich Integrität und gute Regierungsführung erlauben. Die Erfahrungen der EU mit sogenannten Fortschrittsberichten für Kandidatenländer könnten eine zusätzliche Hilfe sein, den Fortschritt eines bestimmten Landes in der Erreichung seiner Ziele zu definieren, messen und bewerten (im Fall der EU der „aquis communautaire“).

Die NATO muss hier nicht das Rad neu erfinden. Es gibt bereits eine große Zahl an Methoden, Instrumenten und Mechanismen zur Bewertung der Wirksamkeit bilateraler und multilateraler Zusammenarbeit, die in anderen internationalen, regionalen und nationalen Organisationen, wie den Vereinten Nationen (und deren Organen) und in der EU-Kommission und den mit diesen zusammenarbeitenden nationalen Behörden zur Anwendung kommen. Zu diesen gehört das standardisierte „Organisational Capacity Assessment“ (OCA, Bewertung der Kapazitäten einer Organisation) der Entwicklungshilfebehörde USAID und das „Capacity Development Results Framework“ (CDRF, Rahmenwerk für Ergebnisse der Kapazitätsentwicklung) der Weltbank. Diese beinhalten zum Beispiel stringente Mechanismen zum Finanzberichtswesen, auch zur Gewährleistung der Integrität der verwendeten Mittel, sowie Peer-Review-Verfahren und interviewbasierte Instrumente zum Abgleich der Ergebnisse mit quantitativen und qualitativen Bezugsgrößen. Die NATO sollte eine Kombination bereits vorhandener, an die Erfordernisse und Besonderheiten der NATO angepasster Instrumente nutzen, um ein für jedes Land individuell anzuwendendes aber in der Struktur übergreifendes Überprüfungs- und Bewertungsverfahrens zu unterstützen. So könnte bewertet werden, inwiefern die verschiedenen Elemente der durch die NATO bzw. einzelne Bündnismitglieder für ein bestimmtes Land geleisteten Unterstützung zum Erreichen der Partnerschafts- oder Länderziele insgesamt beigetragen haben. Gemeinsame Bezugsgrößen könnten für das gesamte Partnersystem genutzt werden, um festzustellen, welche Instrumente funktioniert haben und welche nicht; aber auch, um zu messen, inwiefern ein Land die Unterstützung der NATO zum eigenen Vorteil (und zum Vorteil der NATO) genutzt hat, und daraus eine Priorisierung abzuleiten.

Wiederum könnte die Erfahrung, die die EU mit den jährlichen Fortschrittsberichten für Kandidatenländer gesammelt hat, zusätzliche Orientierung dabei bieten, wie Fortschritt anhand bestimmter Ziele und über einen bestimmten Zeitraum definiert, gemessen und bewertet werden kann. Andere Beispiele umfassen die Methodologie, die im Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) oder in nationalen Institutionen verwendet wird, wie dem „Manual for Development Practitioners“ der deutschen GIZ. Wenn es darum geht, den Aufbau von Verteidigungskapazitäten zu messen, hat die NATO auch umfassende Erfahrung mit militärischen Zertifizierungsübungen gesammelt. Diese Übungen könnten an den Sicherheitssektor im weiteren Sinne, einschließlich der zivil-militärischen Zusammenarbeit, angepasst werden. Die in diesem Zusammenhang gemachten Erfahrungen könnten im Interoperabilitätsrahmen der NATO ausgetauscht werden, der vielen Partnern offensteht.

Schlussbetrachtung

Im Kern sollte die NATO ihre Partnerschaftsprogramme und Aktivitäten an die im Wandel befindliche Welt und sicherheitspolitische Umgebung anpassen und sich von der Eingruppierung von Ländern anhand ihrer Zusammenarbeit mit der NATO in der Vergangenheit oder auf regionaler Basis verabschieden. Anstatt dessen sollte zwei oder drei übergreifende matrixartige Rahmenprogramme geschaffen werden, die maximale Flexibilität in Bezug auf Inhalt, Verpflichtungsgrad und Finanzierung ermöglichen würden. Die Zusammenarbeit mit der EU sollte verbessert werden und auch auf von der EU zur Verfügung gestellte Ressourcen für Unterstützungsprogramme für Sicherheit und gute Regierungsführung zurückgreifen. Damit Partnerschaften funktionieren, müssen angemessene Reisemittel für die Mitarbeiter der NATO und ihrer Partner bereitgestellt werden, um zu gewährleisten, dass Dialog und Zusammenarbeit keine Einbahnstraße, sondern für beide Seiten von Vorteil ist. Die Anpassung von in anderen internationalen Organisationen entwickelten Instrumenten an die Erfordernisse und Besonderheiten der NATO würde es ermöglichen, besser einzuschätzen, inwiefern die verschiedenen Elemente der durch die NATO oder einzelne Bündnismitglieder geleisteten Unterstützung zum Erreichen der jeweiligen Länderziele und letztlich zur Sicherheit im Bündnis und dessen Nachbarschaft beigetragen haben.

Wolfgang Rudischhauser ist Vizepräsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Davor war er von 2014-2017 Leiter des Zentrums für die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen der NATO im Internationalen Stab der NATO. Dieser Artikel drückt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers aus, und nicht die der NATO oder der BAKS.


[1] Einen guten Überblick darüber, wie sich die NATO-Partnerschaften im Lauf der Zeit verändert haben, bietet zum Beispiel Kamp/Reisinger (2013): NATO’s Partnerships After 2014: Go West! Research Paper No. 92 (Rome: NATO Defense College).

 

Arbeitspapier Thema: 
NATO
Schlagworte: 
NATO
Partnerschaftsprogramme