Teil 5 der Serie zu den Methoden der Strategischen Vorausschau zeigt, wie ein Zukünfte-Dreieck (futures triangle) helfen kann, verschiedene Einflussfaktoren auf mögliche Zukünfte zu entschlüsseln.
Die vom rennomierten australischen Politikwissenschaftler und Zukunftsforscher Sohail Inayatullah entwickelte Methode veranschaulicht anhand von drei Ecken drei Gruppen von Einflussfaktoren zur systematischen Auseinandersetzung mit Zukünften. In den Schnittstellen dieser Faktoren bewegen sich die plausiblen Zukünfte.
Der Stoß der Gegenwart (push of the present) bezeichnet aktuelle Trends oder Treiber, die eine Gesellschaft sprichwörtlich in eine mögliche Zukunft stoßen. Diese können sozialer, ökonomischer, technologischer, kultureller oder demografischer Natur sein. Zum Beispiel kann eine Überalterung der Gesellschaft dazu führen, dass Rentensysteme angepasst werden müssen. Die Klimaerwärmung führte zur Etablierung von Bewegungen wie Fridays-For-Future, die für einen gesellschaftlichen Trend von nachhaltiger Klima- und Energiepolitik stehen.
Faktoren, die als schwer veränderbar gelten, bilden das Gewicht der Vergangenheit (weight of the past). Das können etwa tiefverwurzelte Weltanschauungen, gültige Verträge, kulturelle Normen sowie politische Entscheidungen sein, die einen Wandel erschweren. Hinsichtlich der genannten Beispiele haben bestehende Rentensysteme oder vertraglich festgelegte Laufzeiten von Kohlekraftwerken hindernden Einfluss auf aktuelle Trends. Auch die fortschreitende Digitalisierung von Bildung und Verwaltung wird von bestehenden Strukturen gebremst.
Der Sog der Zukunft (pull of the future) zieht Ideen möglicher Zukünfte in eine bestimmte Richtung. Im Gegensatz zum ersten Faktor beginnt der Blick hier in der Zukunft selbst. Welche Hoffnungen, Visionen oder Ideale sehen wir in der Zukunft? Sei es eine Welt ohne Armut, eine papierlose Verwaltung oder der komplette Verzicht auf fossile Energieträger. Ob realisierbar oder nicht, unsere Wunschvorstellung hat immer einen Einfluss auf die plausiblen Zukünfte.
Die drei Faktoren arbeiten mit-, aber auch gegeneinander. So können aktuelle gesellschaftliche Trends gegen eine präferierte Zukunftsvision arbeiten, Gewichte schwer oder leicht veränderbar sein. Das Zukünfte-Dreieck lässt uns zwar nicht in die Zukunft sehen, veranschaulicht jedoch die drei treibenden Kräfte hin zu einer möglichen Zukunft.
Autor: Sebastian Bollien