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Kernseminar: Sicherheit und Entwicklung – Diskussion mit Bundesminister a.D. Dirk Niebel

Mittwoch, 21. Juni 2017

„Keine Entwicklung ohne Sicherheit und keine Sicherheit ohne Entwicklung“ lautet ein vielgehörter Leitsatz des internationalen Engagements in Krisenregionen. Aber was heißt das in der Praxis? Darüber diskutierten das Kernseminar der BAKS und Alumni des GCSP gemeinsam mit Entwicklungsminister a.D. Dirk Niebel - wortwörtlich auf neutralem Boden in der Schweizerischen Botschaft.

Die Lebensumstände in den verschiedenen Staaten Afrikas unterscheiden sich stark voneinander, und die Ausdehnung des Kontinents ist enorm - hier verdeutlicht durch Entwicklungsminister a.D. Dirk Niebel an einer Grafik, welche die Fläche von Staaten wie China (grau, oben) und den USA (blau, unten) auf eine Karte ganz Afrikas projiziert. Foto: Schweizerische Botschaft/Bey

„Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit können Sie Entwicklung vergessen“ spitzte Bundesminister a.D. Dirk Niebel einen vielgehörten Leitsatz des Engagements in Krisenregionen zu. Aber wie lassen sich beide Handlungsfelder koordinieren, und wie lassen sich die bisweilen verschiedenen Sicht- und Arbeitsweisen von Entwicklungsorganisationen und Sicherheitskräften vereinen? Darüber diskutierte Niebel, der von 2009 bis 2013 das Bundesministerium für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung leitete, Anfang Juni auf Einladung der Schweizer Botschafterin Christine Schraner Burgener gemeinsam mit dem Kernseminar 2017 der BAKS und den Berliner Alumni des Geneva Center for Security Policy (GCSP) in der Schweizerischen Botschaft in Berlin.

Diskussion in der Schweizerischen Botschaft

In einer ersten Stuhlreihe sitzen der Vizepräsident der BAKS Thomas Wrießnig, der Direktor des GCSP Christian Dussey und die Botschafterin der Schweiz in Deutschland Christine Schraner Burgener; dahinter sitzen zahlreiche andere Personen in Stuhlreihen.

Die Botschafterin der Schweiz in Deutschland Christine Schraner Burgener (rechts), der Direktor des GCSP Christian Dussey (mitte) und der Vizepräsident der BAKS Thomas Wrießnig (links). Foto: Schweizerische Botschaft/Bey

Botschafterin Schraner Burgener sagte, sie freue sich, dass mit dem GCSP und der BAKS Gäste aus gleich zwei renommierten Weiter-bildungseinrichtungen an der Diskussion teilnähmen und verwies auf das internationale Engagement der Schweiz im Komplex Sicherheit und Entwicklung, wobei Projekte zum Schutz der Zivilbevölkerung sowie für Trinkwasser und Ernährung im Vordergrund stünden. Der Direktor des GCSP Christian Dussey unterstrich in seinem Willkommensgruß die Bedeutung der Vernetzung sicherheits- und entwicklungs-politischer Akteure, worin ihm der Vizepräsident der BAKS Thomas Wrießnig beipflichtete. Vernetzte Sicherheit, Fortbildung und sicherheitspolitischer Dialog, auch und gerade in die Öffentlichkeit hinein, stünden hier im Zentrum, so Wrießnig.

Plädoyer für Rollenklarheit - und kohärente Zielsetzung

Bundesminister a.D. Dirk Niebel steht an einem Rednerpult und spricht.

"Keine embedded Entwicklungspolitik - und keine Soldaten, die Brunnen bohren - jeder hat seine Rolle", forderte Dirk Niebel in seinem Vortrag.
Foto: Schweizerische Botschaft/Bey

Dialog und Netzwerkbildung seien, so Niebel, sei auch grundlegend für die aufgeworfene Frage nach Sicherheit und Entwicklung. „Miteinander reden – das ist der Einstieg in die Vernetzte Sicherheit“. Zugleich plädierte er für ein klares Verständnis der Aufgabenteilung: „keine embedded Entwicklungspolitik – und keine Soldaten, die Brunnen bohren – jeder hat seine Rolle“, sagte der Entwicklungsminister a.D. . Wie das unter einen Hut gebracht werden könne? Entscheidend, so Niebel, sei ein gemeinsam festgelegtes Konzept, in welchem „verschiedene Politikfelder ihre Instrumente gleichberechtigt einbringen“. Koordination erfordere Führung und zugleich Vernetzung der handelnden Menschen im Vorfeld: „Kohärenz fängt in den Köpfen der Akteure an“.

Aus eigener Erfahrung sprach Niebel auch über das deutsche Engagement in Afghanistan. Spätestens hier sei weithin deutlich geworden, dass Entwicklungszusammenarbeit auf ein Mindestmaß an Sicherheit angewiesen ist. Der ehemalige Minister sagte zugleich, dass das Engagement am Hindukusch „keine Blaupause für Vernetzte Sicherheit“ gewesen sei, sondern eher ein akutes Notfallprogramm in einem bereits schwelenden Konflikt. Demgegenüber sei die Bedeutung der Entwicklungspolitik vor allem bei der Krisenprävention zu würdigen.

Im Fokus der Diskussion: Entwicklungspolitik auf dem afrikanischen Kontinent

Links im Bild steht Bundesminister a.D. Dirk Niebel und spricht mit BAKS-Vizepräsident Thomas Wrießnig, der rechts im Bild steht.

Dirk Niebel (links) im Gespräch mit BAKS-Vizepräsident Thomas Wrießnig.
Foto: Schweizerische Botschaft/Bey

Mit Blick auf die anstehenden Feldstudien des Kernseminars in Mali und Äthiopien spielte erwartungsgemäß die Entwicklungspolitik auf dem afrikanischen Kontinent eine große Rolle in der Diskussion. Niebel sagte, auch Entwicklungspolitik sei interessengeleitet: „Der Versuch, altruistisch zu wirken ist unglaubwürdig“. Er unterstrich dabei die Bedeutung klarer Erwartungen und kohärenter Zielformulierungen beider Partnerseiten. Helfen allein reiche nicht, denn „Entwicklung braucht mehr als Hilfe – Entwicklung braucht Kooperation auf Augenhöhe“. Entscheidend sei dabei langfristig die nachhaltige Bekämpfung von Korruption – für ihn „das größte Entwicklungshemmnis überhaupt“.

Das 1995 durch die Schweiz gegründete GCSP richtet sich ähnlich wie die BAKS, allerdings primär in internationalem Rahmen, an Fach und Führungskräfte. Es bietet Weiterbildungsprogramme und Tagungen in verschiedenen Feldern der Außen- und Sicherheitspolitik an. Die Kooperations-veranstaltung mit der BAKS in der Schweizerischen Botschaft war zugleich Teil einer weltweit durchgeführten Alumniveranstaltung des GCSP an mehreren Botschaften der Schweiz.

Autor: Sebastian Nieke