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Nägel mit Köpfen machen: Der 6. Werkstatt-Tag zur Zukunft Afrikas

Freitag, 24. Mai 2019

Bereits zum sechsten Mal veranstaltet die BAKS das jährliche Treffen des Netzwerkes Strategische Vorausschau in der Praxis. Partner war in diesem Jahr das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit dem Thema „Das Afrika der Zukunft“. Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten komplexe Zukunftsthemen unseres Nachbarkontinents, von Themen wie Wirtschaft und Beschäftigung, über Demographie und Gesundheit bis hin zu Urbanisierung und Mobilität.

Strategische Vorausschau ist eine Auseinandersetzung mit den „möglichen, erstrebenswerten, aber auch den überraschenden Zukünften“, so BAKS-Präsident Dr. Kamp zum Auftakt der Veranstaltung. Die räumliche Nähe sowie die Komplexität und Dynamik der Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent mache es für Deutschland und Europa notwendig, besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein und diese – wo möglich – aktiv zu gestalten. Dafür müsse man aus alten Denkmustern ausbrechen - der Werkstatt-Tag bot dafür die geeignete Plattform.

Mit Afrika statt über Afrika reden

Zwei Menschen geben sich die Hand und schauen dabei in Richtung der Kamera.

Gemeinsamer Auftakt: Bineta Diop, Sonderbeauftragte für Frauen, Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union und Staatsskretär Martin Jäger vom BMZ. Foto: BAKS/Sommerfeld

Getreu dem Motto „Nicht über, sondern mit Afrika reden“ brachten afrikanische Expertinnen, allen voran Bineta Diop (Sonderbeauftragte für Frauen, Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union), Nanjira Sambuli (World Wide Web Foundation) und Ethel Cofie (IT-Expertin und Gründerin von Women in Tech-Afrika) neben weiteren afrikanischen Stimmen per Videobotschaft ihre Erfahrungen und Perspektiven in den Werkstatt-Tag ein. Diop mahnte, dass die Chancen des Afrikanischen Kontinents, etwa der Rohstoffreichtum, traditionelles Wissen, ausgeprägtes Gemeinwesen, die junge Bevölkerung und das Potential der Frauen bisher nicht oder nur spärlich zur Verbesserung der Lebensverhältnisse genutzt wurden: „Africa is a rich continent, but the people are still poor.“ Diop betonte die Bedeutung der Agenda 2063 der Afrikanischen Union für die Zukunft des Kontinents.

Klimawandel allgegenwärtig, jetzt

Dem Klimawandel müsse in allen Zukunftsszenarien Raum gewährt werden. Dies betonte auch Staatssekretär Martin Jäger (BMZ) in seiner Keynote, der gemeinsam mit Diop die Auftaktsession gestaltete. Afrika mit seinen sieben Klimazonen wird am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sein. Fortschreitende Desertifikation sowie häufigere und intensiver auftretende Dürreperioden verstärken die Landflucht in die großen und mittelgroßen Städte. Da diese urbanisierten, unkoordiniert gewachsenen Zentren häufig an der Küste und Gewässern liegen, wird dem Hochwasserschutz bei steigendem Meeresspiegel und hoher Überschwemmungsgefahr eine wichtige Rolle zukommen. Verdrängungsbewegungen aufgrund der Desertifikation können – vor allem in der Sahelzone – zu bewaffneten Konflikten führen. Auch die Verbreitung von Tropenkrankheiten wird durch den Klimawandel gestärkt.

China als (digitaler) Hegemon?

Ethel Cofie, IT-Expertin aus Ghana, sprach eine deutliche Warnung aus: Chinas Einfluss auf dem Kontinent würde im Westen weiterhin unterschätzt. Ohne Menschenrechte und good governance als „Anhängsel“ der Entwicklungszusammenarbeit seien die chinesischen Angebote äußerst attraktiv für viele regierende Eliten. Wie in mehreren Workshops deutlich wurde, gilt das neben der Finanzierung von Infrastruktur gerade auch für den Sicherheitssektor. Wenn in den nächsten Jahren die kritische Schwelle von 50 % an Internetnutzern in vielen afrikanischen Staaten überschritten wird, werden deren Regierungen vor einer folgenreichen Frage stehen: Verfolgen sie im digitalen Raum eher ein freiheitlich-demokratisches Modell oder orientieren sie sich am repressiven China?

Leapfrogging - „Wachstum ist digital“

Drei Frauen sitzen auf einem Podium und sprechen miteinander vor einem Publikum.

Von der Analyse müsse es nun in die Umsetzung gehen, ist sich die kenianische Analystin Nanjira Sambuli (Mitte) sicher. Foto: BAKS/Lindemann

Doch die Digitalisierung kann auch eine große Chance für einen Kontinent sein, der den Übergang zu Industrialisierung nie vollzogen hat und schon jetzt ein Teil der globalen Wissensökonomie ist. Auch wenn es wohl kein „Silicon Valley mit sieben Klimazonen wird“, das Potential ist da: Die geringe Regulierung könnte vielen afrikanischen Ländern einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil geben. Während in Deutschland noch über Huawei diskutiert wird, ist 5G in Lesotho bereits flächendeckend verfügbar. Dazu kommt die schiere Anzahl wissbegieriger, junger Menschen, für die das Internet zum Alltag gehört. Auch im Bereich Bildung könnten innovative Online-Angebote die strukturellen Probleme von weiterführenden Bildungseinrichtungen beheben.

Was bleibt vom 6. Werkstatt-Tag? Sowohl Afrikaner als auch Europäer sind sich bei der Analyse der Probleme einig. Jetzt muss es um die Umsetzung gehen- stringent, nachhaltig aber mit Mut zum Scheitern: „Better done than perfect“, fasste Nanjira Sambuli (Analystin aus Kenia) ihre Vision des europäischen Engagements zusammen.

Nach dem Werkstatt-Tag ist vor dem Werkstatt-Tag

Drei Männer stehen vor einer Pressewand und geben sich die Hände

Dr. Stefan Oswald (rechts) vom BMZ überreicht den symbolischen Staffelstab an Hans-Jörg Schäper (links) vom BMF. Foto: BAKS/Lindemann

Den 7. Werkstatt-Tag 2020 wird die BAKS gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) ausrichten. Hans-Jörg Schäper, der den symbolischen Staffelstab für das BMF von Dr. Stefan Oswald entgegennahm, betonte, dass es an spannenden Themen und drängenden Fragstellungen nicht mangeln werde.

Autoren: Jonas Franken, Ole Adolphsen