Im Hörfunkinterview des Senders Bayern 2 vom Bayrischen Rundfunk hat BAKS-Präsident Botschafter Ekkehard Brose mit Julia Nether über den Bundeswehreinsatz in Mali gesprochen.
Transkript
Julia Nether: Mali grenzt an Algerien, Mauretanien, Niger und im Süden an eine Reihe von kleineren afrikanischen Staaten. Seit 2013 ist die Bundeswehr im Rahmen eines UN-Einsatzes vor Ort. Der Einsatz gilt als die gefährlichste Bundeswehr-Mission. In Mali hat die Militär-Junta geputscht. Sie soll und will angeblich das Land zu einer demokratischen Ordnung führen, doch daran gibt es immer mehr Zweifel. Die Junta hat zum Beispiel die angesetzten Wahlen um Jahre verschoben. Frankreich als ehemalige Kolonialmacht Malis steht kurz vor dem Bruch der Beziehungen und Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock zweifelt am Fortgang der Bundeswehrmission. Sprechen wir über den Einsatz mit Ekkehard Brose. Er ist Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Guten Tag Herr Brose.
Botschafter Ekkehard Brose: Guten Tag Frau Nether.
Welche Aufgaben hat denn die Bundeswehr konkret im Rahmen der UN-Mission?
Die Bundeswehr ist mit beinahe 1.000 Männern und Frauen in Gao im Norden des Landes stationiert, im Rahmen, wie Sie gesagt haben, der MINUSMA, der UN-Operation und sie hat dort generell wie die MINUSMA selbst die Aufgabe ein Umfeld zu stabilisieren, dass durch eine Mischung aus Terrorismus und unzufriedener Bevölkerung immer wieder destabilisiert wird. Deswegen ist es auch so gefährlich und sie leistet insbesondere auch einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Lage.
Und was macht den Einsatz so gefährlich? Vor allem die Gefahr durch Terrorismus?
Ja, das ist wie bereits gesagt eine Mischung. Das ist ein Wüstengebiet, ich bin selber mal dagewesen. Da sieht man wenig mit ungeübten Auge. Und aus dieser Mischung terroristischer Einflüsse in der Gegend plus einer erheblichen Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung mit der Zentralregierung, die sich laut der Wahrnehmung nicht ausreichend kümmert, nicht präsent ist. Aus dieser Mischung entstehen sehr leicht explosive Lagen, in denen dann auf einmal geschossen wird, aus dem Hintergrund und ehe man sich versieht ist man in einer gefährlichen Situation. Und das ist für die Bundeswehr aber auch für alle anderen Teilnehmer der MINUSMA gefährlich.
Jetzt denkt Außenministerin Annalena Baerbock laut darüber nach, den Einsatz zu beenden oder sie stellt ihn zumindest in Frage. Hat sie recht? Sollte die Bundeswehr raus aus Mali?
Also ich glaube Sie hat sicher recht, ihn in Frage zu stellen im Sinne einer Überprüfung, ob die Voraussetzungen eigentlich noch gegeben sind und ob dieser Auftrag noch sinnvoll umgesetzt werden kann. Raus aus Mali ist nicht ganz dasselbe, das wäre schon die Entscheidung, nicht die Prüfung. Um es vorweg zu nehmen, ich bin nicht der Meinung, dass "die Tür zuknallen und Tschüss sagen" die richtige Politik wäre.
Warum nicht?
Wir sind in Mali engagiert, mit vielen anderen aus einer ganzen Reihe von Gründen. Den ersten habe ich schon genannt, Terrorismus. Mali ist ja nur ein Teil der Sahel-Zone. Das haben Sie ja schon in der Einleitung gesagt, die Sahel-Zone ist beinahe so groß wie Europa und in diesem Raum droht sich Terrorismus einzunisten. Das würde auch uns und unsere Interessen betreffen. Zweitens wir sind nicht alleine da, wir sind vor allem mit unserem wichtigsten europäischen Partner Frankreich da, das heißt wir sollten sie auch nicht einfach so im Regen dastehen lassen, sondern wir müssen uns mit ihnen eng abstimmen. Dritte Überlegung und das hört man nicht so häufig, ist aber auch wichtig, diese Mali-Krise wird von afrikanischer Seite auch behandelt und versucht zu lösen, nämlich mit ECOWAS der Regionalorganisation und der African Union und dieses Prinzip, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme, sollten wir denke ich unterstützen. Wir tun gut daran, es zu unterstützen. Letzter Punkt sind die sogenannten russischen Wagnerkräfte, die jetzt dort vor Ort sind in Mali. Damit erhält das Ganze natürlich auch vor dem Hintergrund der Zuspitzung in der Ukraine so eine Art geostrategische Note zusätzlich zu allen anderen Problemen.
Was sollte Ihrer Meinung passieren, damit es dann nicht zu einem zweiten Afghanistan kommt, wo die Bundeswehr dann doch plötzlich raus muss, aber ganz schnell und ganz chaotisch?
Das ist natürlich dieses Menetekel an der Wand. Ich bin mir ziemlich sicher, die Geschichte wird sich da einfach nicht wiederholen. Wir haben dort nicht so eine Situation wie in Afghanistan, aber wir sind konfrontiert mit dem typischen Dilemma, indem wir dort sind und den Weg in die Demokratie des Landes unterstützen wollen, auf Kräfte bauen müssen, die sich aber problematisch und gegenwärtig geradezu provozierend verhalten. Was wir tun sollten und das tun wir ja schon, ist klare Signale an diese Kräfte senden. Sie wissen, dass im Augenblick die Staatssekretärin aus dem Außenministerium Katja Keul dort ist und letztens auch Siemtje Möller aus dem Verteidigungsministerium vor Weihnachten dort war. Also wir sind dort hart am Ball, wir senden auch diese Signale an die Machthaber. Bisher haben wir allerdings keine gute Gewissheit, dass sie die Signale auch hören und Konsequenzen zeigen. Und dann muss man, was die Ministerin Frau Baerbock gesagt hat, überprüfen, sind die Voraussetzungen noch gegeben. Bis Mai geht noch das Mandat des Bundestages und in diesem Rahmen steht ohnehin die Überprüfung an: Soll das Mandat erneuert werden? Soll es verändert werden? Das ist dann die Frage.
Also: Auftrag prüfen, starke Signale senden, aber nicht gleich raus aus Mali, das meint Ekkehard Brose. Er ist Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Herr Brose herzlichen Dank für das Gespräch.
Danke.
Transkript: BAKS